EU-Käse wird Kollateralschaden im Handelskonflikt mit China
EU-China-Handelskonflikt weitet sich aus. Käse, Milch und Sahne aus der EU im Visier. Was bedeutet das für europäische Milchbauern?
Der Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und China geht in eine neue Runde – und betrifft nun auch Branchen, die mit dem Streit um Elektroautos wenig zu tun haben. Chinesische Behörden haben jetzt angekündigt, Subventionen für Käse, Milch und Sahne aus der gesamten EU zu untersuchen.
Irische Landwirte fordern Entschädigung von der EU
Einem Bericht der in Hongkong ansässigen South China Morning Post (SCMP) zufolge sind davon auch irische Milchbauern betroffen, die jetzt von Brüssel eine Entschädigung fordern. "Wir sind ein Kollateralschaden", wird Denis Drennan zitiert, der nach eigenen Angaben selbst seinen Hof irgendwo im irischen Nirgendwo hat. Drennan ist auch Präsident des irischen Milchbauern-Verbands ICMSA.
Frankreich und Deutschland hätten es schwer, mit chinesischen Elektroautos zu konkurrieren, so Drennan. Und die Reaktion aus Beijing auf die neue Schutzzollpolitik treffe ausgerechnet ihn und andere Landwirte.
Die Beamten in Brüssel hatten der Volksrepublik vorgeworfen, ihre Autobauer massiv zu subventionieren. Dadurch könnten sie ihre Elektroautos deutlich günstiger auf dem Markt anbieten als europäische Konzerne. Zölle von bis zu 36,3 Prozent, die ab Oktober gelten könnten, sollen den Markt wieder etwas fairer machen.
China droht mit weiteren Zöllen auf europäische Exporte
Dass Beijing auf die neue Zollpolitik der EU reagieren würde, war absehbar. Bereits im Juni hatten Medien berichtet, dass etwa französischer Cognac oder Schweinefleisch ins Visier geraten könnten.
Laut SCMP erklärten nun auch Beamte in Brüssel, dass die Abfolge der Ereignisse vorhersehbar gewesen sei. Zumal chinesische Staatsmedien dies auch angekündigt hätten.
Jetzt erwägt China laut Medienberichten auch, die Einfuhrzölle auf großvolumige Benzin- und Dieselfahrzeuge aus der EU auf bis zu 25 Prozent zu erhöhen. Dies würde vor allem deutsche Autohersteller wie BMW und Mercedes treffen, die viele SUVs und Limousinen nach China exportieren.
EU-Diplomaten: China versucht, Mitgliedsstaaten unter Druck zu setzen
EU-Diplomaten sehen in den chinesischen Vergeltungsmaßnahmen einen Versuch, die Mitgliedsstaaten vor der entscheidenden Abstimmung über die endgültigen Zölle im Oktober unter Druck zu setzen.
Um die Zölle noch zu verhindern, müsste eine qualifizierte Mehrheit der EU-Länder dagegen stimmen. Probeabstimmungen hatten bisher eine Mehrheit für die Zölle ergeben, jetzt setzt Beijing gezielt einzelne Mitgliedsstaaten und Branchen unter Druck.
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Irland hatte sich in einer Probeabstimmung für die Schutzzölle ausgesprochen. Doch inzwischen fordern die irischen Landwirte von ihrer Regierung, im Oktober gegen die EU-Zollpolitik zu stimmen. "Die Landwirte haben Angst, und das ist erst der Anfang – es wird im Laufe der Zeit noch mehr werden", warnte Drennan.
Europa ist wichtigster Exportmarkt für Chinas Elektroauto-Industrie
Für beide Seiten steht viel auf dem Spiel: Europa ist bislang der wichtigste Exportmarkt für Chinas boomende Elektroauto-Industrie. Im Jahr 2023 gingen 38 Prozent der 1,2 Millionen exportierten E-Autos nach Europa.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch westliche Autohersteller wie Tesla in China produzieren und ihre Fahrzeuge nach Europa verschiffen. Während chinesische Unternehmen in erster Linie von den Zöllen betroffen sind, genießen westliche Hersteller Vorzugskonditionen.
Die von der EU verhängten Zölle zeigen bereits Wirkung: Im ersten Halbjahr gingen die Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15 Prozent zurück. China hat bereits eine WTO-Beschwerde gegen die Zölle eingereicht, die es als protektionistisch kritisiert.
Der Handelskonflikt dürfte in den kommenden Wochen weiter eskalieren – und auch scheinbar unbeteiligte Branchen wie die Milchbauern in seinen Strudel ziehen.