EU-Kommission lehnt ÖsterreichsTageskontingente ab
Slowenien, Kroatien und Serbien stützen den von Wien gewünschten Domino-Effekt
Die Türkei wird beim EU-Gipfeltreffen nicht vertreten sein. Dessen ungeachtet spielt das Außen-Grenzschutz-Abkommen mit ihr eine zentrale Rolle. Die EU-Kommission macht sich dafür stark. Das wurde heute über die Kritik von EU-Spitzenvertretern deutlich.
EU-Kommissionspräsident Juncker, der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierten die Alternativ-Pläne Österreichs. Die Wiener Pläne, ab dem morgigen Freitag so genannte "Tageskontingente" einzuführen - nur noch 80 Asylanträge pro Tag, höchstens 3.200 Flüchtlinge, die nach Deutschland durchreisen -, erhielten starken Gegenwind, sowohl in mündlichen Äußerungen wie auch schriftlich.
So soll nach übereinstimmenden Medienberichten der österreichischen Regierung, namentlich der Innenministerin Mikl-Leitner, ein Schreiben der EU-Kommission zugegangen, in dem sie davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass die Obergrenzen mit internationalen Bestimmungen nicht vereinbar seien.
Angeführt werden die Europäische Menschenrechtskonvention, die Genfer Konvention, Artikel 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Dublin III und die Bestimmung, dass Schutzbedürftige "nicht in das Land ihrer Wahl weiterreisen" dürfen.
Pikant dazu ist die Äußerung der ÖVP-Innenministerin, die von der Kronenzeitung weiter gegeben wird:
Doch laut Mikl- Leitner sei die Einführung der Kontingente vor Monaten für Deutschland rechtskonform gewesen - und "sie ist es selbstverständlich auch jetzt für Österreich".
Mit dem Plan B schwenkt Österreich um von Deutschlands Kurs der europäischen Kooperation mit der Türkei (EU-Papier: Die Balkan-Route ausspielen) auf die Linie der Visegrád-Staaten, die auf die Sicherung der Grenze in Mazedonien setzen (Visegrád-Staaten plädieren für eine zweite Außengrenze). Ausdrücklich wünscht sich Vizekanzler Mitterlehner einen Dominoeffekt auf der Balkanroute, dass sich die anderen, Österreich auf der Balkan-Route, vorgelagerten Länder um eine verschärfte Sicherung ihrer nationalen Grenzen bemühen, damit sich die "Durchwink-Politik" des vergangenen Jahres nicht wiederhole.
Die Härten bei der Bewältigung großer Zahlen von Flüchtlingen werden somit nach weiter draußen verschoben, nach Mazedonien und Griechenland. Das klingt auch bei den Äußerungen an, die von einem Treffen zwischen EU-Ratspräsident Tusk, anderen Mitgliedern des EU-Rats und den Staats- und Regierungschefs von Kroatien, Serbien, Mazedonien und Slowenien übermittelt werden.
Gesprochen wurde über mögliche humanitäre Krisen an den Grenzen dieser Länder, die durch den einseitigen Beschluss Österreichs - der aber nicht unabhängig von Deutschland getroffen wurde - ausgelöst werden könnten. Die Länder würden sich als Transitländer und nicht als Zielländer verstehen, wurde laut einem anwesenden EU-Diplomaten geltend gemacht. Die Folge ist, dass sie sich nun genau in dem Sinne erklärten, wie sich dies der österreichische ÖVP-Vizekanzler erhofft hat: Sie werden ihre nationalen Grenzen stärker kontrollieren, also möglichst abschotten.
So erklärte der Ministerpräsident von Slowenien, Milo Cerar, ein gewisses Verständnis für den österreichischen Plan und kündigte an, dass Slowenien nun "seinerseits Schritte setzen" werde, die die Zahl der Flüchtlinge an der Grenze zu Kroatien verringern. Auch tritt Cerar, ähnlichder Vertreter der Visegrád-Staaten dafür ein, die Flüchtlingszahl schon weiter südlich auf der Balkanroute zu begrenzen, "zwischen der Türkei und Griechenland, gemäß den in der EU akkordierten Maßnahmen, und, falls Fortschritte dort ausbleiben, durch strengere Kontrollen an der Grenze Griechenlands zu Mazedonien".
Der kroatische Premier Tihomir Orešković verkündete, dass man den Vorschlag des slowenischen Ministerpräsidenten unterstütze, Kräfte an der mazedonisch-griechischen Grenze aufzustocken. Kroatische Polizisten seien bereits dorthin entsandt worden. Man wolle, die Kontrollen an den eigenen Grenzen verstärken. Kroatien werde Österreich nachziehen und seinerseits die Zahl der Flüchtlinge beschränken.
Nach der Aussage des serbischen Arbeits- und Sozialfragenministers Aleksandar Vulin will man sich dort ebenfalls den Bedingungen anpassen. Serbien ziehe ebenfalls mit.