EU entlastet Hausbesitzer: Brüssel verstaatlicht Pflicht zur teuren Sanierung
Einigung auf Gebäudereform: Parlament und Mitgliedstaaten legen neue Energievorschriften vor. Ziele bis 2035 und 2050. Was Hausbesitzer beachten müssen?
Das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten haben einen Beschluss zur Überarbeitung der Energievorschriften für den Bausektor gefasst. Diese Entscheidung betrifft eine Reform der Gebäuderichtlinie und bringt einige wichtige Änderungen mit sich.
Eine bedeutende Entwicklung ist, dass entgegen dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission, Hausbesitzer nicht zu einer verpflichtenden Sanierung verpflichtet werden. Diese Entscheidung, die nach intensiven Verhandlungen getroffen wurde, beruhigt die Gemüter und setzt auf alternative Wege zur Erreichung von Energieeffizienzzielen.
Ziele bis 2035 und 2050: Klimaneutralität im Fokus
Ab dem Jahr 2030 sollen gemäß der Vereinbarung alle neu errichteten Gebäude klimaneutral sein. Diese Zielsetzung gilt bereits ab 2028 für öffentliche Gebäude. Ein weiterer ehrgeiziger Plan sieht vor, den gesamten Gebäudebestand bis 2050 auf Klimaneutralität zu bringen, was eine umfassende Transformation erfordert.
In Deutschland hatte der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission für Aufsehen gesorgt, insbesondere aufgrund der darin enthaltenen verpflichtenden Sanierung für energetisch ineffiziente Gebäude. Die Bundesregierung, die sich zunächst dafür ausgesprochen hatte, distanzierte sich jedoch im Verlauf der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz von dieser Maßnahme.
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Die Rolle der Mitgliedstaaten: Individuelle Verantwortung und Ziele
Die nun getroffene Einigung legt fest, dass der durchschnittliche Energieverbrauch im Gebäudebereich bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 22 Prozent gesenkt werden soll. Hierbei liegt der Fokus auf den bisher am schlechtesten sanierten Gebäuden, wobei die Umsetzung dieser Vorgabe in erster Linie in der Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten liegt.
Pflicht bei Nicht-Wohngebäuden: Weiterhin hohe Anforderungen
Im Kontext von Nicht-Wohngebäuden bleibt die Anforderung bestehen, dass bis 2033 16 Prozent der am schlechtesten sanierten Gebäude renoviert werden müssen. Des Weiteren ist die Installation von Solaranlagen verpflichtend, sofern dies technisch und wirtschaftlich vertretbar ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Diese müssen bis 2040 ersetzt werden, und ab 2025 wird der Einbau von beispielsweise Gas- oder Ölheizungen nicht mehr finanziell gefördert. Allerdings bleibt die Möglichkeit finanzieller Anreize für den Einbau von Hybridlösungen, wie beispielsweise in Verbindung mit Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen.
Wie Telepolis-Redakteur Bernd Müller berichtete, entfallen in der Europäischen Union rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen auf den Gebäudesektor. "Diese Zahlen verdeutlichen: Die Energieeffizienz von Gebäuden muss dringend gesteigert werden, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen", so Müller.
Lange hatten sich die EU-Staaten nicht über den Umfang der geplanten Sanierungspflicht einigen können. Nach einem Bericht des Handelsblatts hatte sich eine Einigung vor wenigen Tagen aber abgezeichnet. Der Kompromissvorschlag sah vor, bis 2030 rund 15 bis 20 Prozent und bis 2035 bis zu 25 Prozent des Primärenergieverbrauchs im Vergleich zum Jahr 2020 durch Gebäudesanierung einzusparen.
Hausbesitzer haben weiter Verantwortung
Mit dem Kompromiss sei eine strenge Sanierungspflicht aller ineffizienten Wohngebäude zwar vom Tisch, aber der Fokus auf diese Gruppe bleibt erhalten, so die Einschätzung von Sören Weißermel, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Stadt- und Bevölkerungsgeographie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Für Nicht-Wohngebäude gilt weiterhin, dass alle besonders ineffizienten Gebäude saniert werden sollen.
Ursprünglich hätten sowohl die Verhandlungspositionen der Kommission, des Rats und des Parlaments eine Sanierungspflicht vorgesehen. "Sie sollte einer der Eckpfeiler der Wärmewende werden", so Weißermel.
Insbesondere die Ratsposition hatte sich jedoch verändert und auch die deutsche Regierung, insbesondere Bauministerin Klara Geywitz, sah die Sanierungspflicht zuletzt kritisch. "Als nächstes müssen sowohl Rat als auch Parlament formal die Richtlinie annehmen. Danach muss sie in nationales Recht überführt werden – in Deutschland wäre eine Neufassung des Gebäudeenergie-Gesetzes nötig", erklärte der Experte. Er fügt an:
Damit nicht nur Interessensverbände in der öffentlichen Debatte um Kosten und Klimanutzen der Richtlinie Gehör finden, haben wir Forschende gebeten, die in ihrer fachlichen Expertise liegenden Argumente für oder gegen die Gebäudeeffizienz-Richtlinie vor dem EU-Trilog einzuschätzen und einer Einigung ihre Statements um eine kurze Bewertung zu ergänzen.
Sören Weißermel, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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