Gebäudeversicherung bald unbezahlbar: Wird Ihr Haus zum finanziellen Risiko?
Versicherungen warnen: Gebäudeschutz könnte schon bald unbezahlbar werden. Der Klimawandel lässt Prämien explodieren und Policen platzen.
Lassen sich Hochwassergefahren durch Überflutung eines Gewässers im Binnenland noch anhand entsprechender Hochwassergefahrenkarten, die in mehreren deutschen Bundesländern online frei zugänglich sind, abschätzen, so ist dies bei Starkregen deutlich schwieriger.
Bei der Risikoabschätzung für Starkregen kommt es auf die kommunale Vorsorge an
Die Gefährdung durch Starkregen hängt in hohem Maße von der Vorsorge der jeweiligen Kommune ab. Die Modellierung des Abflussgeschehens und der entsprechende Umbau von Kanalisation und Verkehrswegen, um eine schnelle Ableitung des Regenwassers aus den bebauten Gebieten und die Speicherung außerhalb der bebauten Gemeindeflächen zu gewährleisten, kann auch bei kleinen Gemeinden in die Millionen gehen.
Dabei ist darauf zu achten, dass die anfallenden Wassermengen nicht über den Untergrund in die Bebauung eindringen. Solche Schäden sind nicht versicherbar, da sie als Baumängel gelten und erst Jahrzehnte nach der Bebauung auftreten können.
Bei unzureichender kommunaler Vorsorge sind die Anwohner im Ernstfall auf sich allein gestellt. Um dies zu verhindern, verpflichten vorausschauende Bundesländer ihre Kommunen, die örtliche Starkregensituation zu erfassen und zu kartieren und die Infrastruktur entsprechend auszulegen.
Aufgrund knapper Kassen sind viele Kommunen jedoch kaum in der Lage, diesen Anforderungen nachzukommen. Bei unzureichender Vorsorge kann auch der Versicherungsschutz verweigert werden.
Wenn ein Risiko für die Versicherungswirtschaft nicht mehr kalkulierbar ist
Niemand kann die Versicherungswirtschaft zwingen, unkalkulierbare Risiken zu versichern. Ein Beispiel aus der Praxis ist die Versicherung von Kernkraftwerken, deren Risiko mathematisch nicht kalkulierbar war und für die die kommerzielle Versicherungswirtschaft deshalb keine Policen angeboten hatte, die das volle Schadensrisiko abdeckten. Da die Politik aber auf dem Bau der Kernkraftwerke bestand, musste der Steuerzahler die Deckung übernehmen.
Der derzeit zu beobachtende Klimawandel könnte nach Einschätzung der Versicherungswirtschaft schon bald dazu führen, dass die bisher üblichen Gebäudeversicherungen zumindest teilweise unbezahlbar werden. Das Risiko für die Gebäudeversicherungen besteht nicht nur in der Gefahr von Überschwemmungen, sondern vor allem in den immer größeren Schwankungen des lokalen Wetters. Ist es zu warm, drohen Waldbrände und Brände auf landwirtschaftlichen Flächen. Ist es lokal zu nass, besteht ebenfalls Gefahr für Landwirtschaft und Siedlungen.
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Klimawandel als Preistreiber: Versicherte Schäden durch Naturkatastrophen auf Höchststand
″Wir laufen sukzessive auf eine Unversicherbarkeit von Risiken zu.″ So drastisch bewertet R+V-Vorstandschef Norbert Rollinger die Zukunft. Bei drei oder vier Grad Erderwärmung sei im Gebäudebereich praktisch kein Versicherungsschutz mehr möglich. Versicherungen würden dann so unkalkulierbar und teuer, dass kein wirtschaftlich tragfähiges Angebot mehr möglich sei.
Aber schon mittelfristig werden sich die Versicherungsprämien verdoppeln, wenn der Klimawandel nicht gestoppt werden kann. Für die Versicherten sei es dann besonders ärgerlich, wenn erst die Preise steigen und am Ende der Versicherungsvertrag wegen des gestiegenen Risikos nicht mehr verlängert werden könne.
Eine von der Politik immer wieder geforderte Pflichtversicherung für Gebäudeschäden infolge des Klimawandels lehnt die Versicherungswirtschaft ab, weil sie sich letztlich die Auswahl der zu übernehmenden Risiken vorbehalten will.
R+V-Chef Norbert Rollinger hält eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für die falsche Antwort auf zunehmende Wetterextreme. Denn eine "Pflichtversicherung löst das Problem nicht und setzt falsche Anreize." Mit einer solchen Versicherungspflicht könnte der Anreiz für Hausbesitzer sinken, in den Schutz vor Hochwasser und Stürmen zu investieren.
Muss der Steuerzahler das Klimafolgenrisiko übernehmen?
Wenn schon das Gefährdungsrisiko durch Kernkraftwerke für die kommerzielle Versicherungswirtschaft dauerhaft zu hoch ist, so wird dies mit Sicherheit bald auch für die Schäden durch die zunehmende Häufigkeit extremer Wetterereignisse der Fall sein.
Je länger der Klimawandel geleugnet und eine entsprechende Vorsorge hinausgezögert wird, desto größer wird das Risiko hoher Schäden nicht nur an Gebäuden, sondern zunehmend auch in der Landwirtschaft.
Überschwemmungen, Hagelstürme und Waldbrände sind nur einige Extremereignisse, für die die Versicherer in immer kürzeren Abständen aufkommen müssen. Offensichtlich stellt sich die Branche darauf ein, dass dies zur neuen Normalität wird.
Die Rückversicherer befürchten, dass der sich beschleunigende Klimawandel dazu beitragen wird, dass extreme Wetterereignisse in vielen Regionen der Welt zunehmen werden. Hinzu kommt die anhaltend hohe Inflation, die Schadenssummen und Versicherungskosten in die Höhe treibt. Die Munich Re rechnet damit, dass die versicherten Schäden aus Naturkatastrophen in diesem Jahr erneut die 100-Milliarden-Dollar-Grenze überschreiten werden.
Die angekündigten Preiserhöhungen in der Rückversicherung sind vielen Erstversicherern offenbar zu hoch. Die große Mehrheit will daher bald keine Risiken mehr an Rückversicherer abgeben und einen größeren Teil der künftigen Schäden selbst tragen. Dies könnte letztlich auf die Kunden abgewälzt werden. Die Erstversicherer vermuten inzwischen eine Überreaktion der Rückversicherer auf die Zunahme von Großschäden.
Wenn das Klimafolgenrisiko die Risikobereitschaft der Versicherungswirtschaft und ihrer Investoren übersteigt, stellt sich die Frage, ob der Steuerzahler das Risiko übernimmt oder ob der betroffene Hauseigentümer das steigende Risiko selbst tragen muss.