Ein Begriff macht Karriere: "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit"

Seite 3: Wissenschaft oder politische Überzeugung?

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Fragwürdig sind vor allem Vorgaben, bei denen eine deutliche politische Wertung mitschwingt. Die "Abwertung von asylsuchenden Menschen" wird daran abgelesen, dass man die Aussage ablehnt: "Bei der Prüfung von Asylanträgen sollte der Staat großzügig sein" und vermutet, die "meisten" Asylbewerber "werden in ihrem Heimatland gar nicht verfolgt". In beiden Fällen geht es allerdings überhaupt nicht um die "Abwertung" von Flüchtlingen, sondern um deren korrekte rechtliche Behandlung und Einordnung.

Die Aussage "Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat" segelt unter der Flagge "sekundärer und israelbezogener Antisemitismus". Hier wird allerdings eine Bewertung der Politik Israels, unzulässig, mit der "Haltung gegenüber Juden" vermischt bzw. gleichgesetzt.

Als negativ gewerteter Befürworter von "Etabliertenvorrechten" gilt, wer meint: "Wer irgendwo neu ist, sollte sich erst mal mit weniger zufrieden geben" bzw. "Wer schon immer hier lebt, sollte mehr Rechte haben als die, die später zugezogen sind."

Gerade das Statement Nr. 1 ist im Hinblick auf die nach Deutschland fliehenden Menschen und noch nicht lange im Land verweilenden sonstigen Migranten wirklich nicht leicht auf den Alltag herunter zu brechen. "Wer irgendwo neu ist", muss sich wohl erst einmal mit "weniger" zufrieden geben, was auch immer "weniger" genau meint.

Alles in allem drängt sich der Eindruck auf, dass es nicht einfach ist, gefühlte, gedachte, gelebte "Menschenfeindlichkeit" und "Abwertung" anderer Bevölkerungsgruppen in einen verlässlichen Test zu übersetzen.

Gerade weil die "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" aber in der politischen Diskussion und den Medien so gern und häufig zur Beschreibung angeblicher objektiver und wissenschaftlich nachgewiesener gefährlicher "Rechtstendenzen" gerade der bürgerlichen Mitte herangezogen wird, sollte man sehr bemüht sein, im Anklang an die gute alte Werbung für eine Nuss-Nougat-Creme - "Nur wo Nutella drauf steht, ist auch Nutella drin!" - sicherzustellen, dass das Etikett "Menschenfeindlichkeit" auch wirklich nur auf Gesinnungen geklebt wird, die eindeutig für schwere Fälle von Verachtung anderer Bevölkerungsteile stehen.

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