Ein Jahrhundertfund?
Seite 3: Wie viel ist den irdischen Gesellschaft die Erforschung von außerirdischen Mikroben wert?
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Raumfahrtpolitik: Ohnehin dürfte das Interesse staatlicher Wissenschaftsadministrationen und der Raumfahrtkonzerne auf Dauer gestellt sein, weil die Entdeckung solcher Lebensformen zu einer anhaltenden Nachfrage aus der Astrobiologie nach finanziellen Ressourcen für deren weitere Erforschung führen dürfte. Und da diese wahrscheinlich weit entfernt von der Erde stattfinden soll oder aus Missionen besteht, die außerirdisches Material aus der Ferne des Weltraums auf die Erde holen soll, werden solche Unternehmungen außerordentlich kostenintensiv sein. Die zuständigen Stellen (staatliche und private) werden immer wieder aufs Neue entscheiden müssen, wie teuer solche Missionen sein dürfen und innerhalb welchen Zeithorizonts sie zu realisieren sind.
Spätestens wenn wir über von Menschen durchgeführte Erkundungsmissionen reden, wird der finanzielle Aufwand exorbitant sein und an dieser Stelle dann wiederum auch zumindest finanzpolitisch die Öffentlichkeit nachhaltig bewegen. Die sich immer wieder stellende Frage lautet hier: Wie viel ist den irdischen Gesellschaft die Erforschung von Mikroben auf dem Mars oder der Venus wert?
Wie bei allen großen Raumfahrtmissionen der letzten Jahrzehnte wird es zu anhaltenden Diskussionen zwischen Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern in dieser Frage kommen. Und die Öffentlichkeit wird sich umso mehr kritisch daran beteiligen, je höher die eingeforderten Geldbeträge sind. Hier könnte in der Öffentlichkeit schnell eine Diskursposition dominieren, welche die Erforschung fremder Mikroorganismen für deutlich weniger relevant hält als die Lösung irdischer Probleme (wie etwa des Klimawandels).
Dies hängt insbesondere auch damit zusammen, dass nicht ersichtlich ist, welchen Beitrag zur Lösung irdischer Problemlagen die Analyse außerirdischer Mikroben leisten könnte. (Selbst wenn die Astrobiologie versuchen sollte entsprechen Verknüpfungen herzustellen, sind diese Zusammenhänge doch zu offensichtlich sehr weit hergeholt...) Wenn wir von den allgemeinen Trends in der Raumfahrtpolitik der letzten zwei Jahrzehnten ausgehen, könnte es allerdings sein, dass die finanzielle Hauptlast der Durchführung entsprechender Missionen gar nicht von staatlichen Stellen, sondern von privaten Unternehmen geschultert wird. In diesem Falle ist die Öffentlichkeit weitgehend aus der Beteiligung an entsprechenden Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und kann nur mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, was der eine oder andere Raumfahrtkonzern sich für Ziele setzt.
Klar ist dabei, dass die Entdeckung von Leben etwa auf dem Mars ein großer Ansporn sein dürfte, Raumfahrtmissionen zu starten, die auf die Analyse der fremden Lebensformen ausgerichtet sind. Das öffentliche Interesse dürfte sich dabei jedoch weniger aus dem Ziel der entsprechenden Mission (die Erforschung außerirdischen Lebens) als aus der Tatsache bemannter Raumfahrtmissionen zu einem unserer Nachbarplaneten speisen. Hier wird die grundsätzliche Faszination für entsprechende Weltraumabenteuer die dominierende Rolle spielen.
In einem Satz: Was interessiert, ist der bemannte Flug zum Mars selbst, nicht aber das eine oder andere wissenschaftlichen Einzelziel, der die Mission dient (so wegweisend es den beteiligten Wissenschaftlern auch immer erscheinen mag). Und das weitgehende Fehlen einer öffentlichen Debatte über die Kosten der privaten Missionen zur Lebenssuche würde dieses konkrete Ziel in der medialen Wahrnehmung zusätzlich in den Hintergrund rücken.
Fazit
Die Entdeckung außerirdischen Lebens, an welchem Ort in unserem Sonnensystem auch immer, wäre der Durchbruch für die Astrobiologie. Der Fund würde sie zu einer Leitdisziplin des 21. Jahrhunderts machen, weil eine Vielzahl von Fragen zur Entstehung von Leben generell nun tatsächlich auch empirisch der Beantwortung näher rücken. Deshalb hätte diese Entdeckung sicherlich auch Auswirkungen nicht nur auf die Nachbardisziplinen, sondern auch auf die Wissenschaftsphilosophie. Für eher biologieferne naturwissenschaftliche Disziplinen hingegen ist jedoch lediglich mit indirekten Auswirkungen zu rechnen - nicht deren Forschungsprogramme, aber möglicherweise deren Finanzierung stünden plötzlich in Frage.
Die Kultur- und Sozialwissenschaften hingegen würden von allen diesen Veränderungen nicht tangiert. Außerhalb der Wissenschaft würden sich die Folgen weitgehend auf Veränderungen in der Raumfahrtpolitik beschränken: Der Ort der Entdeckung würde gleichsam zum natürlichen Ziel weiterer Raumfahrtmissionen, vollautomatischer oder, falls die Entdeckung in der relativen Nähe zur Erde stattgefunden hat, durchaus auch bemannter. Insbesondere jene bemannten Missionen würden erhebliche finanzielle Ressourcen verschlingen, die dann für andere Forschungsbereiche nicht mehr zur Verfügung stünden. Solche mehr oder weniger wagemutigen Rahmfahrtabenteuer würden die Öffentlichkeit sicherlich mehr bewegen als die Frage nach außerirdischem Leben selbst.
Der Fund von Mikroorganismen auf fremden Himmelskörpern würde die Öffentlichkeit nur für kurze Zeit faszinieren, dann angesichts all der irdischen Probleme von seiner medialen Strahlkraft her schnell verblassen. Gesamtgesellschaftlich gesehen würden sich die Folgen der Entdeckung außerirdischen Lebens deshalb in engen Grenzen halten. Und der von Wissenschaftskreisen immer wieder beschrieene großflächige Weltbildwechsel auf der Erde würde auch ausbleiben - denn weltanschaulich ist das fremde Leben in den Weiten des Weltraums, nicht zuletzt aufgrund der Anstrengungen der Astrobiologie, schon lange eingepreist.
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