Ein Segen für den Westen? Taliban verbieten Mohnanbau in Afghanistan

Taliban mit Erfolg gegen Mohnanbau

Die Taliban gehen in Afghanistan bislang mit Erfolg gegen den Mohnanbau vor.

(Bild: NickyPe, Pixabay)

Probleme in der Lieferkette: In Deutschland droht ein Mangel an Opium und Heroin. Grund: Taliban gehen bislang mit Erfolg gegen Mohnanbau vor. So verändert sich der Drogenhandel.

Der Geist des Opium- und Heroinmangels ist wieder aus der Flasche entwichen, in die ihn die westliche Invasion Afghanistans glaubte, verbannen zu können. Im Jahr 2000 war ein erstes Mohnanbauverbot der Taliban gescheitert. Die westlich geführten Streitkräfte verfolgten nach der Invasion eine andere Strategie. Sie wollten die Bauern davon überzeugen, statt Schlafmohn zum Beispiel Safran anzubauen, konnten aber die Vermarktung nicht sicherstellen.

Und so forcierten die Taliban im Untergrund wieder den Mohnanbau, um mit dem Drogenverkauf den Kauf von Waffen zu finanzieren. Der Mohnanbau wurde so zu einem Mittel, die USA und ihre Verbündeten wieder aus dem Land zu vertreiben.

Lese-Tipp: Was hat die Bundeswehr in Afghanistan bewirkt?

Letztlich finanzierten die Drogenkunden im Westen den erklärten Feind des Westens. Opium und Heroin aus Afghanistan überschwemmten in den gut zwanzig Jahren des Krieges am Hindukusch die westliche Welt.

Das Goldene Dreieck verlor seine Bedeutung bei Heroin und Opium

Das berüchtigte Dreieck zwischen Myanmar, Laos und Thailand war während des Vietnamkrieges zu einem Drogenlabor geworden. Der Name ″Goldenes Dreieck″ entstand 1971 und bezieht sich zum einen auf die geometrische Form der im Dreieck liegenden Staaten, zum anderen auf das Gold, mit dem die chinesischen Händler damals das Opium bezahlten.

Bei den chinesischen Bergvölkern hat der Anbau von Schlafmohn eine lange Tradition. Bei älteren Menschen ist das Rauchen von Opium ein beliebtes und gesellschaftlich akzeptiertes Genussmittel. Nach dem Sieg der Kommunisten in China flohen einige der ethnischen Gruppen in die Nachbarländer, viele von ihnen in das thailändisch-burmesische Grenzgebiet.

Lese-Tipp: Drogen, Misswirtschaft, Terror: Was die westliche Intervention Afghanen wirklich brachte

Dort, in international nicht anerkannten Kleinstaaten wie dem Shan-Staat, hatte die Regierung Burmas und später Myanmars lange Zeit kaum Zugriffsmöglichkeiten. Gute Kunden waren die amerikanischen Soldaten, die sich in Thailand vom Vietnamkrieg erholten. Mit dem Ende des Vietnamkrieges verstreuten sich diese Kunden in die westliche Welt.

Mit dem letzten Militärputsch in Myanmar und den darauffolgenden Sanktionen des Westens wurde die legale Wirtschaft in Myanmar stark gebremst und aus der Not heraus erlebte der Mohnanbau eine neue Blüte. Zudem wurde die Produktion von synthetischen Drogen wie Crystal Meth aufgrund der starken Preiskonkurrenz aus Afghanistan verlagert.

Die Taliban machen Ernst mit dem Verbot des Mohnanbaus

Nach der erneuten Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sind diese dabei, das Mohnanbauverbot wieder durchzusetzen. Dabei gehen sie recht rigide vor, allerdings nicht gleichzeitig im ganzen Land, sondern Region für Region.

Um sich nicht erneut dem Widerstand der Bauern auszusetzen, die den Mohnanbau teilweise mit Krediten finanziert hatten, wurden die kurz vor der Ernte stehenden Mohnfelder nicht konsequent vernichtet. Eher pragmatisch akzeptierten die Taliban vorübergehend auch, dass die Bauern ihre Ernte verkauften.

Lese-Tipp: Jahrbuch Sucht: Deutschland, deine Drogen

Statt den Handel zu unterbinden, erhoben sie Steuern auf das Opium. Ein Handelsverbot hätte den massiven Widerstand der Bauern provoziert, denn zur Kontrolle hätte man auch in die Häuser der Bauern eindringen müssen, was in der lokalen Kultur ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Da die USA inzwischen das Interesse am Hindukusch verloren haben, ist davon auszugehen, dass Afghanistan als Heroinlieferant dauerhaft ausfällt. Auch gegen die Produktion synthetischer Drogen wie Crystal Meth wurde unmittelbar nach der Machtübernahme vorgegangen. Diese hatte sich in den vergangenen Jahren neben Opium und Heroin zum zweiten Standbein der afghanischen Drogenindustrie entwickelt.

Was macht Deutschland ohne Heroin und Opium aus Asien?

Wie die gesamte westliche Welt bekommt auch Deutschland seine Drogenprobleme nicht in den Griff. Das beginnt beim Tabakkonsum und geht über den exzessiven Alkoholkonsum bis zu Opium und Heroin. Eine Unterbrechung der Lieferkette für Opium und Heroin wird mit Sicherheit die Nachfrage nach Ersatzdrogen ankurbeln.

Eine der alternativen Drogenquellen findet sich im Meerträubel oder Ephedra genannten Strauch, der ab einer Höhe von 2.500 Metern auch in den Alpen zu finden ist. Aus seinen Zweigen lässt sich Ephedrin gewinnen, einer der Wirkstoffe von Methamphetamin. Die Gewinnung von Ephedrin erfordert weder besondere Kenntnisse noch aufwendige Geräte.

Lese-Tipp: Spezialeinsatz im Techno-Club: Wie gefährlich sind die Drogen?

Das Drogenverbot in Afghanistan wird sich voraussichtlich 2024, spätestens 2025 auf den europäischen Markt auswirken. Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) empfiehlt ihren Mitgliedsstaaten im Europäischen Drogenbericht, sich auf mögliche Engpässe durch die Unterbrechung der Lieferkette vorzubereiten und das Angebot an Substitutions- und Entzugsprogrammen zu erhöhen.

In Europa sind etwa eine Million Menschen von Heroin oder anderen Opioiden abhängig, etwa 500.000 Drogenabhängige befinden sich in Behandlung. Wenn die europäischen Staaten nicht in der Lage sind, den Heroinabhängigen bei Engpässen einen Ausweg zu bieten, besteht die Gefahr, dass sie auf Alternativen wie Fentanyl ausweichen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.