Ein gestrandetes Geschäft

Seite 2: Reserven zu Ressourcen zurückstufen

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Während ein Großteil der Unternehmen ihre Reservenangaben bereits an den niedrigeren Ölpreis anpasste, hat ExxonMobil bisher weitestgehend darauf verzichtet. Dort hieß es 2014, dass keine der Reserven Gefahr liefe, zu "stranden", man rechnete mit Gewinnen über längerfristige Zeiträume. Doch jetzt ist das Öl nur noch die Hälfte wert, und nun warnt man auch bei ExxonMobil vor der möglicherweise bevorstehenden größten Berichtigung von Reservenangaben in der Unternehmensgeschichte.

Sollten die derzeit bestehenden niedrigen Ölpreise andauern, würden 3,6 Milliarden Barrel kanadischen Ölsands des Kearls-Projekts und eine Milliarde Barrel Öl aus anderen nordamerikanischen Feldern zu Ressourcen abgestuft werden, weil bei den gegenwärtigen Preisen ihre Förderung nicht mehr rentabel sei. Das entspräche 19% der ExxonMobil-Reserven und käme der größten Umdeklarierung seit der Fusion 1999 gleich, seit der der Konzern in seiner heutigen Form operiert.

ExxonMobil hatte bereits im letzten Jahr eine halbe Milliarde Barrel Erdgas aus seinen Reserven gestrichen, hauptsächlich aus Feldern in den Vereinigten Staaten, die aufgrund fallender Rohstoffpreise nicht mehr profitabel waren. Das entsprach einer Verringerung der Gesamtreserven des Unternehmens um 2%, der ersten seit 2008.

Exxon-Doba-Ölfeld, Tschad. Die Förderanlage braucht sechsmal soviel elektrischen Strom wie der ganze Tschad zusammen. 1996 hatte Exxon im Doba-Becken die Entdeckung von bis zu einer Milliarde Barrel Öl bekanntgegeben. Das Förderprojekt galt zunächst als Modellfall für die afrikanische Erdölförderung. Doch bald drangen Geschichten mit apokalyptischen Untertönen nach außen. Und während das Öl des Tschads über Kamerun aus dem Land geschafft wird, bleibt den Einheimischen nur die Versorgung mit nigerianischem Benzin, meist Schmuggelware. Bild: Google Maps

Neue Funde

ExxonMobil versucht, mit neuen Lagerstättenmeldungen das Gesamtbild zu verbessern, so im Mai 2015 mit der Entdeckung einer "Weltklasse-Lagerstätte" in den Gewässern Guyanas, die bis zu 1,4 Milliarden Barrel Öl zutage fördern soll.

Ende Oktober 2016 hatte Exxon eine weitere große Entdeckung bekanntgegeben, diesmal vor der Küste Nigerias. Die Nachricht kam zeitnah zur Ankündigung der Berichtigung vorhandener Reserven des Unternehmens. Die beiden 100 Kilometer südöstlich des Bonny-Ölterminals im Nigerdelta gelegenen Felder Owowo-2 und Owowo-3 sollen es zusammen auf bis zu eine Milliarde Barrel Öl an förderbaren Ressourcen bringen.

Ob diese Meldung aufgestörte Investoren beruhigen wird, ist fraglich. Das Offshore-Öl Nigerias ist nach wie vor Angriffsziel der Niger Delta Avengers. Deren Strike Team 06 hatte erst am 25. Oktober 2016 die von Chevron betriebene Escravos Export Pipeline unterbrochen. Die Pipeline bringt Offshore-Rohöl zu Raffinerien auf das Festland, das dort zu Treibstoffen aufgearbeitet wird.