Eine Femme Fatale namens Jacques...

...hat den Poeten in George W. Bush geweckt

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Yippee! I'm a poet, and I know it Hope I don't blow it.

Bob Dylan, "I shall be free No. 10"

"Warum diese Fixierung auf Frankreich", ruft Bernard-Henri Lévy im französischen Magazin Le Point und stellt sich einmal aufs neue die Frage, warum die USA sich über Frankreich so viel mehr ärgern als über Deutschland - obwohl beide zur Irak-Politik Bush die gleiche Haltung eingenommen haben. Bei einer Reise nach New York, nachdem er zum x-ten Mal "im kehlig-kehligen Ton des Oberst aus "Full Metal Jacket"" gefragt wurde, ob Frankreich zur Lösung beitrage oder Teil des Problemes sei, findet Lévy im Gespräch mit einem liberalen Intellektuellen so etwas wie eine Antwort:

Der Schlüssel ist wie immer das verpasste Rendezvous, die Enttäuschung, die widersinnige Nähe, die verschmähte Liebe: Die amerikanischen Intellektuellen erwarten im Grunde nichts von Deutschland, während Frankreich, egal was sie sagen, eines der wenigen Länder auf der Welt bleibt, von dem sie noch etwas erhoffen - der Schlüssel ist die Hassliebe, die Amerika für Frankreich hegt, wohlgemerkt ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruht

In einem am Freitag in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Artikel stellt "New York Times"-Reporterin Nina Bernstein dieselbe Frage. Was haben die Franzosen, fragt Bernstein, das bei den Amerikanern "diese Art pubertärer Überreaktion" hervorruft (Nur ein Beispiel: Die French Fries wurden in Freedom Fries umbenannt - vgl. Parlez-vous Pommes Frites? - nicht das Sauerkraut in Freedom Kraut) und antwortet, Frankreich sei ein "maßgeschneiderter Feind für den Texaner im Weißen Haus" da es als "Bastion sinnlicher Freuden und "elitärer kultureller Verfeinerung angesehen" werde. So gelte Deutschland als Mann bzw. (unterwürfiger) Hund, Frankreich hingegen als Frau bzw. Katze (Amerika gehöre zu den Hunden): "Frankreich ist die verschlagene, böse Frau, die die anderen, allesamt im Zweifel anständige Kerle, in die Irre führt."

"Femme fatale und Hund", der Titel von Bernsteins Text, würde auch als Überschrift für diesen Artikel passen, denn im folgenden soll es um einen Hund (namens Barney) und eine Femme fatale (namens Laura) gehen. Auf einer tieferen Ebene sprechen wir vielleicht auch von einem Hund namens George W. und von einer Femme fatale namens Jacques. Wenn ein Kuss um die Welt geht, dann kann er nur von einem Franzosen sein. Der Handkuss, den Jacques Chirac vor kurzem Laura Bush gab, als sie allein auf Europareise war, löste in den US-Medien eine regelrechte Teenagerhysterie aus. "The First Lady And The Kiss", "Bush and Chirac kiss".... Er erregte Mitleid ("Damsel in Distress: Laura braves Weasel Kiss"), Missfallen ("Chirac benahm sich so, wie er dachte, dass Laura Bush sich einen französischen Mann vorstellt: Indem er versucht durch Galanterie die Perfidie herunterzuspielen. Er weiß indes nicht, dass diese Art von Galanterie genau das ist, was wir unter Perfidie verstehen") und last but not least rief der Handkuss auch im Weißen Haus "diese Art pubertärer Überreaktion" hervor, von der Bernstein spricht. Denn der bekennende sekundäre Analphabet George W. sah sich durch das "French Kissing" nun ebenfalls zu einer courtoisen Geste herausgefordert und schrieb ein Liebesgedicht an seine heimkehrende Frau (das wir kennen, weil sie es bei ihrer Eröffnungsrede vom "National Book Festival" in Washington als Sympathiebonus verwurstete):

Roses are red/ Violets are blue/ Oh my, lump in the bed/ How I've missed you/ Roses are redder/ Bluer am I/ Seeing you kissed by that charming French guy/ The dogs and the cat, they missed you too/ Barney's still mad you dropped him, he ate your shoe/ The distance, my dear, has been such a barrier/ Next time you want an adventure, just land on a carrier.

Dass "lump" so etwas wie Klotz oder Trampel bedeutet, tut der Galanterie kaum Abbruch. Ebenso wenig, dass die Geliebte an ihre Trampeligkeit erinnert wird - Sie ließ bei einem gemeinsamen Termin Barney, den Hund fallen. Der "charming French guy" hat es herausgekitzelt; jetzt können wir den amerikanischen Präsidenten ebenso zu den Poeten zählen wie seinen Verteidigunsminister (vgl. Gedichte von Donald Rumsfeld) oder seinen schärfsten Widersacher (vgl. Literatur und Macht - eine gefährliche Liebschaft).