"Einige dieser Objekte können wir mit unseren Daten nicht erklären"

Ufo in der US-Luftüberwachung. Bild: navair.navy.mil

Erstmals seit 50 Jahren gab es diese Woche vor dem US-Kongress wieder eine Anhörung über unidentifizierte Flugobjekte. Dabei gab es interessante Zahlen und Daten

Neben dem Eingeständnis der Existenz dieser Ufos, also unidentifizierten Phänomenen im Luftraum (UAP) und vor allem im militärisch kontrollierten Raum, bleibt die Erkenntnis, dass sich einige dieser Objekte jenseits der uns bekannten Flugphysik und intelligent zu bewegen scheinen. Dies wirft nicht nur für die USA Fragen der nationalen Sicherheit auf.

Zugleich gestehen selbst die Untersucher des Pentagon ein, dass sich einige dieser Phänomene weder durch eigene, ausländische oder privat-kommerzielle Technologien erklären lassen.

Nicht nur für Ufo-Forscher und -Interessierte stellte die Anhörung vor dem parteiübergreifenden Ausschuss für Terrorismusbekämpfung, Spionageabwehr und Waffenkontrolle (Subcommittee for Counterterrorism, Counterintelligence and Counterproliferation, C3) eine Zäsur im öffentlichen Umgang mit dem Ufo-Phänomen dar: Niemand witzelte hier oder war darum bemüht, dem Thema die Ernsthaftigkeit abzusprechen – noch weniger den UAP-Sichtungszeugen des US-Militärs.

Es sei "endlich an der Zeit, zivilen und militärischen Piloten zuzusichern, dass jene, die UAPs sichten, zukünftig als Zeugen und nicht als Spinner behandelt werden", so der die öffentliche Sitzung leitende C3-Vorsitzende und Abgeordnete des Repräsentantenhauses André Carson zu Beginn.

Schon 2021 hatte ein vom US-Verteidigungsministeriums und den US-Geheimdiensten veröffentlichter UFO-Bericht kritisiert, dass gerade die über Jahrzehnte hinweg gepflegte Stigmatisierung von UFO-Zeugen und die Ablehnung der Erforschung von Ufos als "Pseudowissenschaft" dazu geführt haben, dass man bei Fragen danach, um was es sich bei diesen Objekten handelt, woher sie kommen und welche Absichten sie verfolgen, fast wieder bei null beginnen muss.

Diese Zäsur spiegelte sich auch in der personellen Besetzung des Gremiums. So saß dem Ausschuss neben Carson auch der durch die Anhörungen im Kongressverfahren gegen Russland, dem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump und der Aufarbeitung der Angriffe auf das Kapitol bekannte Abgeordnete Adam Schiff als Leiter des übergeordneten Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses bei. Den Fragen der Abgeordneten stellten sich mit Ronald S. Moultrie der US-Staatssekretär für Verteidigung, Aufklärung und Sicherheit und Scott W. Bray, stellvertretender Direktor des US-Geheimdienstes der Navy.

Ziel der Anhörung war es, mehr über den aktuellen Stand der UAP-Untersuchungen des Pentagon zu erfahren, die 2007 im Stillen wieder aufgegriffen worden und in eine der US Navy unterstellten "UAP Task Force" (UAPTF) übergegangen waren. Durch seine Unterschrift unter den Verteidigungshaushalt für 2022 im vergangenen Dezember ratifizierte US-Präsident Joe Biden die Kongress-Vorgabe zur Einrichtung eines eigenen, dem Verteidigungsministerium unterstellten UAP-Untersuchungsbüros.

Ufo-Sichtungen: Risiko für die nationale Sicherheit der USA?

Dieses soll sich nun der offenen Fragen rund um die dokumentierten UAP-Sichtungen von US-Piloten und Militärangehörigen untersuchen, um so ein mögliches Risiko für die nationale Sicherheit der USA einschätzen zu können. Hierzu habe die Behörde bereits ein standardisiertes Meldeprozedere für Militärpiloten erarbeitet.

Auch wenn im öffentlichen Teil der Anhörung (dem eine geheime Sitzung hinter verschlossenen Türen folgte) vordergründig keine Staatsgeheimnisse enthüllt wurden, klingen die abgegebenen Statements und Schlussfolgerungen der UAP-Untersucher fast schon unglaublich:

- Die Anzahl der noch im vergangenen Jahr im UFO-Bericht des Pentagon genannten Fälle von UAP-Sichtungen durch US-Piloten von 144 (nur einer konnte bislang rational erklärt werden) ist seither auf rund 400 Fälle angestiegen.

- Bei diesen, auch für die UAP Task Force weiterhin interessanten Fällen, handelt es sich "definitiv um feste, physikalische Objekte", die nicht nur von den Piloten gesichtet, fotografiert und/oder gefilmt werden konnten, sondern auch mittels "multipler Sensorik" geortet wurden. Dazu zählen Radar, Infrarot-Wärmebilderkennung usw.

- Einige dieser Objekte weisen laut dem Pentagon-Bericht Flugeigenschaften und Fähigkeiten auf, die die uns bekannter Technologien übersteigen: "Sie können still in der Luft stehen, mit Leichtigkeit gegen den Wind navigieren, abrupt um 90 oder 180 Grad wenden, geben Radiofrequenzen von sich und erreichen erstaunliche Geschwindigkeiten, obwohl es keine Anzeichen für irgendeine Form uns bekannter Aerodynamik und Antriebe gibt."

Auf die Frage, ob der US-Regierung eine eigene, ausländische oder sogar gegnerische Technologie bekannt sei, "die in der Lage ist, Objekte ohne erkennbaren Antrieb zu bewegen", blieb selbst dem stellvertretenden Direktor des Navy-Geheimdienstes Bray nur das Eingeständnis übrig, "dass wir keine Technologie kennen, die Objekte ohne erkennbare Antriebe bewegen kann."

- Für zahlreiche Fälle konnte die UAP Task Force zwar eine hinreichende Erklärung in Form von Verunreinigungen im Luftraum (Folienballons, Müll usw.), atmosphärischen und astrophysikalischen Phänomenen, Projekten und Entwicklungen der US-Regierung, anderer Staaten oder kommerzieller Privatfirmen (Spacex usw.) finden. Dennoch bleiben laut Bray weiterhin eine Handvoll von Ereignissen, "für die gute Daten vorliegen, die Objekte aber dennoch Flugeigenschaften oder Signaturen aufweisen, die wir mit den uns vorliegenden Daten nicht erklären können und die wir so auch nicht erwartet hätten." Dies seien dann auch jene Fälle, die natürlich auch für die Untersucher des Pentagon am interessantesten seien.

- Laut den Aussagen des Direktors des Navy-Geheimdienstes habe es zwar bislang keine direkten Zusammenstöße zwischen US-Piloten und UAP gegeben. Stattdessen beziffert Scott Bray die Anzahl von "Beinahe-Zusammenstößen mit UAP in der Luft" allerdings auf elf ihm vorliegende Fälle. Auch habe es weder Kontaktversuche noch Angriffe auf ein detektiertes UAP gegeben. Die Existenz von Wrackteilen oder sonstigen UAP-Materialien ist dem Geheimdienstdirektor unbekannt.

Anhörung in USA: Herkunft der Ufos bleibt unklar

Aus der Anhörung geht auch hervor, dass die eingeleiteten Untersuchungen hauptsächlich dem Ziel dienen, das Risiko einzuschätzen, das von den in die militärisch kontrollierten Lufträume eindringenden unidentifizierten Flugobjekten ausgehen könnte und deren Bedrohung für die Flug- und nationale Sicherheit.

Die Frage, ob hier möglicherweise unbekannte Naturphänomene oder gar außerirdische Technologien beobachtet und dokumentiert werden, stelle lediglich ein mögliches Nebenprodukt der Untersuchungen des US-Militärs dar.

Dennoch seien die UAP-Untersucher den Prinzipien der Wissenschaft verpflichtet, so Bray. "Bislang haben wir keine eindeutigen Beweise oder Materialien vorliegen, die eine außerirdische Herkunft dieser Objekte und Phänomene nahelegen würden. Aber wir schließen nichts aus. Wir folgen den Daten und Fakten – ganz gleich, wohin uns das führt".

Zugleich unterstrich der Staatssekretär für Verteidigung, Aufklärung und Sicherheit, Ronald Moultrie jedoch auch die Zusammenarbeit mit der Nasa. Deren Administrator Bill Nelson hatte mehrfach die Möglichkeit hervorgehben, dass einige Ufos auch außerirdische Besucher sein könnten:

Wir gehören der gleichen Regierung an wie die Nasa, die nach außerirdischem Leben sucht. Es ist nicht unser Ziel, irgendetwas zu vertuschen, sollten unsere Ergebnisse in diese Richtung weisen. Uns geht es darum herauszufinden, ob es aus der Perspektive der Verteidigung Hinweise auf eine Bedrohung der nationalen Sicherheit gibt. Für alles andere arbeiten wir mit wissenschaftlichen Einrichtungen wie der NASA oder (der Klimabehörde) NOAA zusammen: Transparenz ist da sehr wichtig.

Abschließend sicherte Scott Bray zumindest zu, dass Informationen und Daten, die keine Bedrohung der nationalen Sicherheit darstellen, und aus denen heraus potenzielle Gegner keine Vorteile ableiten könnten, transparent veröffentlichen zu wollen. Sprach‘s und verschwand gemeinsam mit den Ausschussmitgliedern zum geheimen Teil der Anhörung hinter verschlossenen Türen.

Andreas Müller, Jahrgang 1976 arbeitet als Wissenschaftsjournalist mit Schwerpunkt anomalistischer Phänomene. Er ist Herausgeber des Nachrichtenportals GrenzWissenschaft-Aktuell.de (Grewi), assoziiertes Mitglied am Interdisziplinären Forschungszentrum für Extraterrestrik (Ifex) an der Universität Würzburg und Autor des im Oktober 2021 erschienen Buches "Deutschlands UFO-Akten – Über den politischen Umgang mit dem Ufo-Thema in Deutschland" (GreWi/BoD, 452 Seiten, ISBN: 978-3754306802).

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