Eklat auf Parteitag: "Selbst Migranten wählen aus gutem Grund selten die Linke"

Seite 2: Parteitag der Linken gestört: Wer sah verwirrter aus?

Eine satirische Rolle, wie Sie später erklärten …

Bijan Tavassoli: Das mag sein, ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Parteispitze den ganzen Ablauf für zwei Stunden unterbrechen musste.

Auch in Augsburg war das Präsidium mit der Geschäftsordnung völlig überfordert. Dann ließ es zu, dass ich zeitweise niedergebrüllt wurde. Aber am Ende sah die bürokratische Macht doch noch viel verwirrter aus als ich Einzelperson.

Obwohl sie versucht haben, dass von mir nur Wortfetzen übrigblieben. Aber ihre Zensurmaßnahmen gingen nach hinten los, weil der Sender Phoenix in seiner Mediathek die volle Rede dokumentiert hat.

Dann nutzen Sie doch auch hier Ihre Chance: Was war der Inhalt der Rede, was waren, sagen wir, die drei Hauptbotschaften?

Bijan Tavassoli: Erstens, dass diese Partei keine Friedenspartei mehr ist. Zweitens, dass diese Partei nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun hat. Und drittens, dass die Spaltung der Linken keineswegs von Sahra Wagenknecht ausgegangen war.

Die hatte ja trotz ständiger Diffamierungen immer wieder die Hand ausgestreckt. Sie ist ja sogar jetzt bereit, bei der Friedensdemo am kommenden Samstag in Berlin einen Vertreter dieses schrecklichen Parteivorstandes, der schon viele Ausschlussanträge gegen ihre Freunde gestellt hatte, am Brandenburger Tor als Hauptredner neben sich zu tolerieren.

Und das trotz des blanken Hasses, der ihr Augsburg in Abwesenheit immer wieder über entgegengebracht worden ist.

Ihr auch in diesem Interview wenig verhohlenes Lob von Sahra Wagenknecht ging in Ihrer Augsburger Rede mit Kritik an der parteilosen Carola Rackete einher. Diese wolle, so werden sie zitiert, ein "neues Volk nach Deutschland holen". Klingt ein wenig nach rechter Rhetorik, nicht?

Bijan Tavassoli: Nein, mit dem Umvolkungsquatsch der AfD habe ich nichts gemeinsam. Habe ja selbst migrantischen Hintergrund. Aber man wird ja wohl in Augsburg, der Geburtsstadt des großen Brecht, sein Gedicht zum 17. Juni 1953 zitieren dürfen, die Regierung möge das Volk auflösen und sich ein neues wählen.

Und manche Exponenten der Grünen um Joschka Fischer haben Migration so bejubelt, als könnten sie damit, das deutsche Volk verdünnen, wie es einmal in der Rezension eines Buches von Fischer in der Welt hieß.

Störaktion bei Linken: Ausgetreten, kandidiert, herausgeworfen ...?

Wurden Sie also missverstanden oder war das Ganze falsch präsentiert?

Bijan Tavassoli: Mein Vater stammt aus dem Iran. Viele Migranten sind eine intellektuelle und kulturelle Bereicherung. Aber diese Parteispitze mitsamt Rackete ziehen auf dem Rücken von Migranten bloß ihre Show ab. Wie oft musste ich in den vielen Jahren meiner Mitgliedschaft gerade vonseiten der Sahra-Feinde hinter den Kulissen knallharten Rassismus zu spüren bekommen.

Bei Ihrer Haltung zu Partei gibt es einige Verwirrung: Sie sollen vom Hamburger Landesverband ausgeschlossen werden, kandidieren zugleich sie auf dem Parteitag und erklären, dass Sie selber austreten. Was denn nun?

Bijan Tavassoli: Die Parteispitze hat seit einem Jahr dreist gelogen, als sie behaupte, ich sei ausgeschlossen worden. Was so dann leider von einigen Medien abgedruckt worden war. Der entsprechende Ausschlussantrag war aber vor der Bundesschiedskommission krachend gescheitert. Mit meiner Kandidatur habe ich diese Lüge widerlegt: Warum lässt sie einen angeblich Ausgeschlossenen zunächst kandidieren, um anschließend nach seiner Austrittserklärung satzungswidrig seine Kandidatur streichen zu wollen?

Obwohl es da ja langsam Mode ist, besonders solche parteilosen Leute für anständig bezahlte Jobs zu hofieren, die noch keinen einzigen Flyer verteilt oder in einen Briefkasten gesteckt hatten.

War Ihr Auftritt eine Werbeaktion für das Bündnis Sahra Wagenknecht?

Bijan Tavassoli: Das hatte damit nichts zu tun. Auch wenn diese hysterisierte Parteiführung versucht, ihr Chaos am Mikrofon Sahra Wagenknecht in die Schuhe zu schieben; mit Pressebriefings und Twitter-Statements. Diese Partei wird jetzt genau von denen geführt, die das damals mitzuverantworten hatten und sich klammheimlich freuten, als Sahra Wagenknecht auf einem früheren Bundesparteitag eine Torte ins Gesicht bekam.

Sie haben im Jahr 2021 von sich reden gemacht, weil sie den Taliban zu ihrem Sieg in Afghanistan gratuliert und, sagen wir, fragwürdige Äußerungen zu Kollaborateuren gemacht haben. Ein weiteres Missverständnis?

Bijan Tavassoli: Das hat die Bild damals sinnentstellend getitelt. Aber es waren und sind ja die Nato und das Pentagon, die die Islamisten gegen die Sowjetunion überhaupt erst hochgezüchtet, stark gemacht und ihnen Kabul dann wie einen reifen Apfel überlassen haben.

Ich hasse die Taliban, den IS, die Hamas und den sogenannten politischen Islam insgesamt. Diejenigen, die die Muslimbrüder in der Partei immer hochgelobt haben, die Trotzkisten um die Gruppierung Marx21, habe ich in meiner Kandidatenrede ja in der notwendigen Schärfe und Deutlichkeit angegriffen.

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