Energie-Partnerschaften und Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030

Seite 3: Zwischen Worthülsen und definierten Zielen

Auffallend ist, dass in der Nationalen Wasserstoffstrategie zwar viel von Klimaschutz die Rede ist, bezüglich der Wasserstoff- bzw. PtX-Programmatik im Detail nur von "Klimaneutralität". Auch im Wahlprogramm der Grünen wird dieser Begriff ebenso häufig verwendet wie "Klimaschutz". Der "Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen" (WBGU) hat deshalb vor wenigen Wochen ein im Auftrag des Umweltministeriums erstelltes "Politikpapier" unter dem Titel "Über Klimaneutralität hinausdenken" vorgelegt.

Darin wird angemahnt, das in der Bundespolitik noch immer eine Langzeitstrategie zum Klimaschutz fehlt und dem Begriff Klimaneutralität keine eindeutige Definition zugrunde liegt. Dieser Hinweis zeigt, dass der Begriff geradezu einladend ist für Greenwashing-Strategien von Unternehmen und politische Worthülsen in Wahlprogrammen.

Auch der Begriff Nachhaltigkeit wird mittlerweile inflationär genutzt, obwohl diesem eine eindeutige Definition zugrunde liegt. Korrekt umschrieben wird Nachhaltigkeit mit den drei begrifflichen Elementen Suffizienz, Konsistenz und Effizienz.

Unter Suffizienz (lat. "sufficere" - ausreichen, genügen) versteht man meist die individuelle Beschränkung der Ressourcennutzung auf ein tatsächlich notwendiges Maß, mit dem vorhandene Grundbedürfnisse dennoch ausreichend befriedigt werden können. Hierbei geht es aber nicht nur um individuelle Verhaltensweisen, sondern um soziokulturelle und politische Rahmenbedingungen.

Unter Konsistenz versteht man, dass Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche Entwicklung vorhanden sind, d.h. dass gemessen am Umfang der verwendeten Ressourcen diese auch langfristig verfügbar sind.

Effizienz heißt, dass die für einen definierten Zweck benötigten Ressourcen so optimal eingesetzt werden, dass eine Verschwendung vermieden wird. Das heißt: Ressourcen einsparen, ohne hierbei Abstriche an vorhandenen Bedürfnissen vorzunehmen. In der Praxis bedeutet dieses im Regelfall technische Verbesserungen, z.B. Verbesserungen an Produktionsprozessen sowie energiesparende Geräte und Ausrüstungen bei gleichbleibender Nutzung.

Während im allgemeinen Sprachgebrauch zwar viel von Effizienz die Rede ist, taucht der Begriff Suffizienz leider eher selten auf. Doch gerade dieses ist das Schlüsselelement für tatsächlichen Klimaschutz. Denn es geht um eine Beschränkung der Ressourcen auf das tatsächlich notwendige Maß und nicht um eine nebulöse "Sicherung unseres Wohlstandes", was von einzelnen Kritikern auch als "imperiale Lebensweise" zu Lasten anderer Weltregionen bezeichnet wird.

Partnerschaften: Auch eine Frage der Ethik

Sozioökonomische Partnerschaften können auch vor dem Hintergrund der Agenda 2030 nur dann als solche bezeichnet werden, wenn sie nicht von wirtschaftlich Stärkeren diktiert werden und als Rohstoffausbeutung des Schwächeren in Verbindung der Erschließung von Absatzmärkten eigener Produkte dienen. Ansonsten werden sowohl die Klimakrise verschärft als auch globale militärische Konflikte geschürt.

Während mittlerweile in China strategisch von zwei Wirtschaftskreisläufen - regional und global - gesprochen wird, versucht man es in Deutschland immer noch mit einem "Weiter so" der Import-Export-Fixierung. Noch vor 10 Jahren war man hier aber mit der regionalen Wertschöpfung durch den dezentralen Ausbau erneuerbarer Energien bereits auf dem besten Wege zu dieser notwendigen Kehrtwende, bevor dieses von Konzerninteressen geleitet wieder abgewürgt wurde. Den Irrsinn der Nationalen Wasserstoffstrategie mit fachlichen Argumenten zu widerlegen, was lediglich einige mathematische und physikalische Grundkenntnisse erfordert, reicht leider nicht aus.

An dieser Stelle kommen ethische Grundsatzfragen ins Spiel, wobei auch das Prinzip der Suffizienz eine zentrale Rolle spielt. 2008 wurde von dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie die Studie "Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt" herausgegeben.

Bemerkenswert daran ist zunächst die Herausgeber-Konstellation mit dem Umweltverband BUND, Brot für die Welt und dem Evangelischen Entwicklungsdienst. Bereits die Vorläuferstudie aus dem Jahr 1996 mit dem BUND und Misereor als Herausgeber sorgte durch das Zusammenwirken eines großen Umweltverbandes mit einer kirchlichen Entwicklungsorganisation für Aufsehen.

Immer noch aktuell ist darin ein Passus, der auf die Rolle der fossilen Brennstoffe abhebt:

Schließlich leistet der fossil-zentrale Pfad einer weiteren Polarisierung der Welt Vorschub. Weil er auf der Versorgung über Ressourcenketten beruht, die um die halbe Welt gehen, begünstigt er politische Blöcke aus ressourcenreichen Produzenten und ressourcenarmen, aber wirtschaftlich starken Verbrauchern. Denn in Zeiten erkennbarer Knappheit geht es darum, Nachschub zu sichern und Konkurrenten außen vor zu halten. Langfristige Lieferverträge sind die Basis solcher Blöcke, Pipelines und Versorgungsnetze ihre Infrastruktur. Bei einer Vertragsdauer von mehreren Jahrzehnten ist die Bindung zwischen Produzent und Verbraucher exklusiv, die Pipelinestruktur selbst schließt andere Verbraucher aus. […]
Dies führt zu einer weiteren Marginalisierung armer Staaten. Solche Blöcke dürften dazu neigen, die Sicherung der Energieversorgung unter Umständen mit militärischen Mitteln zu garantieren, sowohl um die Verlässlichkeit der Versorgungsketten innerhalb des Blocks zu gewährleisten, als auch um Konkurrenten von außen fernzuhalten.

Die im wesentlichen auf neue Pipeline-Strukturen aufbauende Nationale Wasserstoffstrategie Deutschlands erfüllt deshalb alle Kritikpunkte am globalen Fossilismus. Nachhaltige Entwicklung muss hingegen dem Prinzip der Suffizienz in der Ressourcennutzung und dem übergreifenden Ziel 17 der Agenda 2030 entsprechen: (Nicht ausgrenzende) Partnerschaften für die Erreichung der Einzelziele.