Energiewende für Fortgeschrittene: Ökoenergie ist nicht knapp, teuer und schmutzig
Seite 2: Schwierigkeiten der Energiewende werden übersteigert
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- Schwierigkeiten der Energiewende werden übersteigert
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Wenn man diese Annahmen teilt, bleibt einem nicht viel übrig, als zu hoffen, dass der Weltgeist es sich in den nächsten Jahren anders überlegt, und Kapitalismus und Wachstum umgehend von der Erde verscheucht.
Es geht hier nicht darum, ob die Vorschläge falsch oder richtig sind. Sicherlich wäre eine Überwindung des zerstörerischen Kapitalismus wünschenswert. Auch sind die Annahmen der Energiewende-Skepsis nicht deswegen abzulehnen, weil die Schlussfolgerungen eine Lösung der Klimakrise in der kurzen Zeit, die noch übrig bleibt, faktisch unmöglich macht.
Es ist vielmehr so, dass die Annahmen in dieser Form nicht zutreffen. Denn die Energiewende-Skeptiker übersteigern ohne Not die Schwierigkeiten einer schnellen Energiewende wie auch die Auswirkungen notwendiger Energieeinsparungen, die keineswegs das Ende wirtschaftlicher Stabilität und allgemeinen Wohlstands bedeuten.
Um ein prominentes Beispiel progressiver, an Klimaschutz interessierter Energiewende-Skepsis zu nehmen. Die Taz-Wirtschaftsredakteurin und Buchautorin Ulrike Herrmann behauptet immer wieder, dass es für echten Klimaschutz einfach nicht genügend Ökostrom gebe. Das liege unter anderem daran, dass der Energieertrag – also die Energie, die man beispielsweise aus einem Windrad herausbekommt minus die Energie, die man hineinsteckt (für Herstellung und Betrieb) – deutlich schlechter sei als beim Öl. Ökoenergie sei somit immer ein knappes Gut.
Daher bringen auch Elektroautos nichts, so Herrmann weiter, weil sie am Ende mit fossilem Strom fahren müssen. Die Tesla-Fabrik in Grünheide könne man sich letztlich sparen. Denn der zusätzlich für E-Autos benötigte Strom könne von Wind und Sonne nicht in genügender Menge produziert werden.
Somit bleibe zur Rettung des Planeten vor allem Verzicht, Schrumpfung der Volkswirtschaften und letztlich ein Ausstieg aus dem Kapitalismus, da er ohne Wachstum nicht funktioniere, wie Herrmann in ihren Artikeln und Kommentaren feststellt. Für solch eine gesellschaftliche Kehrtwende gebe es aber bisher gar keinen Plan.
Allerdings ist Windkraft, anders als Herrmann meint, heute genauso ertragreich wie konventionelle fossile Energien und energieeffizienter als die unkonventionellen. Mit steigender Tendenz, da die technologische Dynamik, wie in anderen Bereichen auch, nach oben geht. Aber selbst wenn Erneuerbare weniger effizient wären, gäbe es keine Knappheit an Ökoenergie. Es ist schlicht ein Mengenproblem: Die Zahl der Windräder und Solarpanels entscheidet.
Jeden Tag trifft 20.000 Mal mehr Sonnenenergie auf den Planeten Erde als die Menschen täglich benötigen (energetisch nutzbar als Licht, Wind und Biomasse). "Zweifel daran, dass dieses Potenzial für die Energieversorgung der Menschheit ausreichen könnte, sind lächerlich", sagte schon der bereits verstorbene Energiepionier Hermann Scheer von der SPD.
Die Windkraftpotentiale in Deutschland und Europa liegen um ein Vielfaches höher als der Bedarf, wie eine Reihe von Berechnungen zeigen. Eine aktuelle Untersuchung fand sogar heraus, dass das Potenzial allein von Onshore-Windenergie in Europa den globalen Energiebedarf aller Sektoren von jetzt an bis zum Jahr 2050 decken könnte.
Auch die für Solarzellen, Windkraftanlagen oder Batterien benötigten Ressourcen und seltenen Erden sind nach Rohstoffanalysen ausreichend vorhanden, wenn auch jährliche Engpässe entstehen könnten. Sicherlich stimmt es, dass es dabei wie bei vielen Unternehmungen im globalen Süden zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen kommt. Daran sollte man dringend etwas ändern anstatt zur Energiewende-Skepsis zu blasen.
Natürlich kann man gegen Elektroautos und gegen Tesla eine Reihe von Argumenten anbringen. Eine radikale Verkehrswende wird den öffentlichen, schienengebundenen Verkehr stark ausbauen müssen. Denn aus Treibhausgas-Sicht ist es die effizientere Lösung. Aber Elektroautos können mit Ökostrom betrieben und hergestellt werden. Sie sind keine Sackgasse, sondern werden Teil der Lösung sein. In welchem Umfang, das muss auf Grundlage von CO2-neutralen Verkehrsszenarien ausgehandelt werden.
Die Batterien von E-Autos können, wie Untersuchungen zeigen, auch als Speicher im Stromnetz genutzt werden und bei erhöhtem Energiebedarf Strom wieder ans Netz abgeben ("Vehicle to Grid"). Denn Windräder drehen sich nicht durchgängig, auch die Sonne scheint nicht permanent. Das wird von Energiewende-Skeptikern auch immer wieder gegen einen Umstieg auf Erneuerbare vorgebracht.
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