Energiewende geht nur mit Verkehrswende

Seite 2: Pumpspeicher für Windstrom auf Halde

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RWE seinerseits ist daran interessiert, von seinem Image als Kohle- und Atomstromkonzern wegzukommen. Der Nachholbedarf ist groß, der Anteil Erneuerbarer an der RWE-Stromerzeugung liegt gerade einmal bei 2,6 %.

Nach dem Deal mit der Bahn (1 Mrd. Euro in 4 Jahren) ist jetzt Geld für die Modernisierung da. Jürgen Großmann von RWE gibt zu bedenken, dass die herkömmliche Wasserkraft (Laufwasserkraftwerke, Stauseen) in Deutschland schon relativ weit ausgeknautscht sei und der Konzern die größeren Wachstumspotentiale daher in Osteuropa und Südosteuropa sehe. In Deutschland ist dagegen vorgesehen, bestehende Wasserkraftwerke zu repowern und neue Techniken zu erproben, u.a. auch die Kombination aus Windkraft mit dezentralen Pumspeicherkraftwerken.

Das geplante Pumpspeicherkraftwerk auf der Abraumhalde Sundern bei Hamm/Westfalen. Die Fläche der Halde beträgt rund 58 ha, ihre Höhe 54 m. Das Kraftwerk soll eine Leistung von 15 MW erhalten. Einteil des Windstroms soll gleich oben auf der halde produziert werden. Zusammenstellung: Matthias Brake, Bild: RWE

Bisher ist der Konzern am neuen Pumpspeicherkraftwerk Atdorf/Schwarzwald und am größten europäischen Pumpspeicherkraftwerk Vianden/Luxemburg beteiligt. Die Kohle-Abraumhalden des Ruhrgebietssollen jetzt als neue Wasserkraftstandorte für den Bau von Pumpspeicherkraftwerken zur Speicherung von regenerativ erzeugtem Strom dienen. Wasser soll dabei in künstlichen Seen auf der Haldenspitze gepumpt werden und bei Bedarf über stromerzeugende Turbinen wieder in Unterbecken abfließen.

RWE Innogy und RAG Montan wollen die Machbarkeit des Konzepts mit einem Versuchspumpspeicherkraftwerk auf der Abraumhalde Sundern bei Hamm/Westfalen erproben. Vorteil dabei: Es muss nicht in gewachsene Naturlandschaft eingegriffen werden, die Halden als Überreste des Bergbaus sind bereits vorhanden und bieten Höhendifferenzen bis zu 100 m. Als Bonus obenauf bedeutet diese Höhenlage auch im Flachland gute Windkraftstandorte. Das Pumpspeicherkraftwerk auf der Halde Sundern soll einen Speichersee mit 600.000 m³ Volumen und eine Leistung von 15 MW haben.

Diese Symbiose aus Bergwerkshinterlassenschaften als neue Standorte für die regenerative Stromerzeugung dürfte in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. Gerade hat Nordrhein-Westfalen zum 20. Juli ein Wasserentnahmeentgelt eingeführt. Das heißt, dass Kohleunternehmen in Zukunft für das Abpumpen der Sümpfungswässer des Kohleabbaus 4,5 ct pro m³ Kubikmeter bezahlen müssen. Auch Brandenburg will in Zukunft auf 10 % des abgepumpten Wassers aus seinem Braunkohlebergbau Gebühren erheben. Damit werden Projekte wie Pumpspeicher in Braunkohlegruben und in Untertagebauen auch wirtschaftlich interessanter für die Kohleunternehmen, denn sie können so einen Teil der Wasserkosten als Energiedienstleister in Sachen Energiespeicherung und Bereitstellung von Spitzenstrom wieder hereinholen.

Die Windkraft als Lieferant der geplanten Pumpspeicher erholt sich gerade wieder von ihrer politisch verursachten Absatzflaute im vergangenen Jahr. Nach Auskunft des Windenergie-Institutes DEWI wurden im ersten Halbjahr 2011 in Deutschland 356 Windräder mit einer Leistung von zusammen 793 MW neu errichtet. Das sind 20 % mehr Windkraftleistung als im gleichen Vorjahreszeitraum. Geschätzt wird jetzt für das Gesamtjahr 2011 ein Zubau von 1.800 MW Windstromleistung. Im bisherigen Rekordjahr 2002 war es mit 3.240 MW fast doppelt so viel. Hermann Albers vom Bundesverband Windenergie fordert deshalb dass die Bundesregierung ihren bisherigen Schwerpunkt Offshore korrigiert und in Zukunft wieder mehr auf die Nutzung der Windenergiepotenziale an Land setzt.

Dies könnte in bundesweit einheitlichen Genehmigungsverfahren und einer niedrigeren Degression der EEG-Vergütung für Windstrom umgesetzt werden. Einige Bundesländer setzen dagegen deutlich auf den Ausbau der Windkraft. Schleswig-Holstein kündigte an, die installierte Windkraftkapazität in den kommenden Jahren zu verdreifachen, und Baden-Württemberg will die Windkraftleistung verzehnfachen (und käme dann auf eine installierte Leistung wie heute Brandenburg).