Entkoppelung von China: Alles nur eine Illusion?
Chinas verzeichnet Exportzuwachs im Globalen Süden. Volksrepublik lässt sich kaum aus Lieferketten drängen. Wer profitiert von westlicher China-Aversion?
Chinas Exporte in den Globalen Süden sind in den ersten zwei Monaten des Jahres 2024 rasant angestiegen, und zwar in einem Ausmaß, das den erheblichen starken Rückgang der Lieferungen in die Industrieländer – vor allem in die USA, die EU und Japan – mehr als ausgleicht.
Damit setzt die China Inc. einen Trend fort, der schon seit 2022 zu beobachten ist. Denn seit zwei Jahren schon verkauft die Volksrepublik mehr Waren und Dienstleistungen in den Globalen Süden als in die Industrieländer. Und die nun vorgelegten, vorläufigen Daten für Januar und Februar 2024 zeigen, dass sich dieser Trend beschleunigt.
Im Vergleich zum Vorjahr stiegen Chinas Exporte insgesamt um 10,3 Prozent. Angetrieben wurde dieses Wachstum durch einen überproportionalen Aufwuchs des Handels mit Brasilien (+ 37,1 Prozent), Indien (+ 16 Prozent), Indonesien (+ 22,2 Prozent), Vietnam (+ 28,4 Prozent) und Südafrika (+ 14,8 Prozent).
Dem stehen Rückgänge bei den Lieferungen in die USA (- 7 Prozent), in die Europäische Union (- 6,8 Prozent) und nach Japan (- 2,5 Prozent) gegenüber.
Robustes Exportwachstum
Einen Teil des Erfolges ist dem rasanten Wachstum chinesischer Direktinvestitionen in den Globalen Süden weit über die Neue Seidenstraße hinaus zu erklären. Allein im Jahr 2023 sind die chinesischen Direktinvestitionen im asiatisch-pazifischen Raum um 37 Prozent auf fast 20 Milliarden US-Dollar gestiegen. Die Volksrepublik bestreitet mittlerweile über 15 Prozent der Welt-Exporte.
Interessanterweise sind daran auch die Bemühungen des Westens schuld. Denn China dominiert die Lieferketten in Schlüsselindustrien wie Telekommunikationsausrüstung, Solarzellen und Elektronik. Folglich haben Strategien wie "Re-shoring" und "Friend-shoring" dazu geführt, dass ein immer größerer Teil des chinesischen Handels über Dritte abgewickelt wird, vorwiegend über Mexiko, Indien und Vietnam.
In die Lieferketten eingeklinkt
Unternehmen aus anderen Ländern haben sich in die Lieferketten von China in die Vereinigten Staaten eingeklinkt. Das lässt sich daran ablesen, dass Firmen aus dem asiatisch-pazifischen Raum einen größeren Anteil an den Lieferanten der US-Kunden ausmachen als im Dezember 2021 - und auch einen größeren Anteil an den Kunden der chinesischen Lieferanten.
Besonders krass ist das Beispiel Mexiko: In der ersten Jahreshälfte 2023 überholte Mexiko China als wichtigster Handelspartner der Vereinigten Staaten - das erste Mal seit 2005. Analysiert man die Warenströme genauer, wird jedoch deutlich, dass die mexikanischen Importe weiterhin stark von chinesischen Vorleistungen abhängig sind. Die chinesischen Exporte nach Mexiko stiegen parallel zu denen Mexikos in die USA.
Derzeit werden also vor allem die US-Importe aus China – und in geringerem Maße auch die chinesischen Lieferungen in die EU – durch Importe aus Schwellenländern ersetzt, die bei einem Produkt einen komparativen Vorteil aufweisen. Die Länder, die China ersetzen, sind in der Regel tief in Chinas Lieferketten integriert und verzeichnen ein beschleunigtes Wachstum ihrer Importe aus China, insbesondere in strategischen Branchen.
Lieferketten komplett aneignen?
Um China auf der Exportseite zu verdrängen, müsste sich der Westen Chinas Lieferketten komplett zu eigen machen.
Denn die in China hergestellten Waren gehen immer noch in den Westen, nur auf einem größeren Umweg. Es gibt viel weniger Entkopplung als allgemein angenommen. Im Wesentlichen findet eine Umetikettierung statt.
Auch Europa bleibt von diesem Trend nicht verschont. Nach der Covid-19 Pandemie ist der Handel der EU mit Südostasien regelrecht explodiert – speziell mit Myanmar, den Philippinen, Singapur, Thailand und vor allem mit Vietnam. Parallel dazu steigen die Exporte Chinas in die Asean.
Das Bemühen der Bundesregierung, die Wirtschaftsbeziehungen zu Südostasien zu verbessern, ist löblich. Allerdings ist es nicht ratsam, diese Politik mit dem Argument zu verkaufen, man wolle Alternativen zu China schaffen.
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