Erdogan kündigt Kauf weiterer S-400-Abwehrsysteme an
"Wir lassen uns nicht dreinreden" - auch nicht von der Nato; Gipfel-Treffen mit Putin diese Woche
Auf die Nato kommt das nächste Waffengeschäft zu, das Unruhe-Potential hat. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bestätigte in einem Interview mit dem US-Sender CBS, dass die Türkei wahrscheinlich neue S-400-Abwehrsysteme aus Russland kaufen werde, trotz der Widerstände dagegen aus der Nato und speziell der US-Regierung.
Niemand dürfe und könne sich da einmischen, bekräftigte Erdogan gegenüber Interviewerin Margaret Brennan (als Video ab Minute 17:45, Transkript hier und rief dazu Nato-Generalsekretär Stoltenberg als Kronzeugen auf:
Ich werde möglicherweise Verteidigungssysteme von einem anderen Land erwerben, und niemand kann sich da einmischen. Die beste Aussage kam von Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Er sagte: "Wir können nichts dagegen tun, was unsere Partner oder wo unsere Partner ihre Verteidigungssysteme kaufen werden, und man könnte sich niemals einmischen", sagte er. Das ist Stoltenberg, den ich zitiere.
Recep Tayyip Erdogan
Russland hat in der Darstellung der Interviewerin das Geschäft neu angeboten. Nachrichten über neue Vertrags-Verhandlungen zwischen der Türkei und Russland gab es bereits Ende August. Der US-Sender rückte den Akzent auf die Beziehungen zwischen den Nato-Partnern USA und Türkei. Ist die Insistenz der Rhethorik Erdogans ein Maßstab, so steht es damit nicht besonders:
In Zukunft wird sich niemand mehr einmischen können, wenn es darum geht, welche Art von Verteidigungssystemen wir von welchem Land auf welchem Niveau erwerben. Niemand kann sich da einmischen. Wir sind diejenigen und zwar alleine, die solche Entscheidungen treffen. Wir sind ein Land mit 84 Millionen Einwohnern und sind entschlussfest, was unsere Verteidigungssysteme und die zu ergreifenden Maßnahmen angeht, und da kann sich niemand einmischen.
Recep Tayyip Erdogan
Er bleibe beim "ja" zu den S-400 trotz der US-CAATSA-Sanktionen, bekräftigte der türkische Präsident, der erneut ins Spiel brachte, dass er sich von den USA, auch unter Präsident Biden, in der Sache nicht angemessen behandelt fühle, da Washington erst den Kauf von Patriot Systemen verweigert und später dann auch die Partnerschaft zum Erwerb der F-35 aufgekündigt habe.
Das Verhältnis zwischen Biden und Erdogan, das auch schon nach der Wahl Bidens nicht gut war, sei jetzt so schlecht, dass der türkische Präsident wieder mit "Putin flirte", so der türkische Journalist Ragib Soylu, der über Insider-Verbindungen zur Regierung in Ankara verfügt. In seiner Twitter-"Biden, Erdogan saga" listet er bezeichnende Episoden auf:
• Scharfe Kritik an Erdogan bei den Wahlen 2020 durch Biden • Erdogan schweigt • Biden gewinnt, Erdogan bittet um ein Telefonat. Biden brüskiert ihn • Dann beschließt Biden, ihn am Rande eines Gipfels zu treffen. Biden bittet um Hilfe für Kabul, Erdogan gewährt sie • Die Taliban übernehmen die Macht in Afghanistan. Die Türkei leistet erhebliche Hilfe auf dem Flughafen von Kabul. • Erdogan glaubt, dies würde ihm helfen, die Beziehungen zu Biden zu verbessern • Erdogan bittet um ein Treffen während der UN-Vollversammlung • Biden gewährt keine Audienz • Erdogan wird wütend und flirtet mit Putin.
Ragib Soylu
In zwei Tagen reist Erdiogan nach Sochi, um sich dort mit dem russischen Präsidenten Putin zu treffen. Dessen Sprecher Peskow kündigte ein wichtiges Treffen an - " mit der umfassendsten Agenda seit Beginn der bilateralen Beziehungen", so die der türkischen Regierung nahestehende Daily Sabah. Die Situation in Nordsyrien, speziell in Idlib, soll ein zentrales Thema sein.
Vor zwei Jahren hatten Putin und Erdogan eine Vereinbarung zu Idlib erzielt. Letztlich hat diese die Vormachtstellung der al-Qaida-Sprößlingsmiliz Hayat Tharir asch-Scham dort befestigt, was nicht ohne Rückendeckung der Miliz durch die Türkei möglich war. Der syrische Präsident Baschar al-Assad bekräftigte kürzlich noch einmal, dass ihm die Situation im Norden Syriens nicht gefalle. Auch zwischen Russland und der Türkei kam es auch zuletzt zu Spannungen über die Lage in Idlib.