Erdogan will Flüchtlingsgipfel mit Merkel, Macron und Putin

Seite 2: Erster deutscher Besuch des Außenministeriums in Nordsyrien

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Nachdem die Konsulin des Deutschen Konsulats in Erbil/Irak vor wenigen Wochen mit einer Delegation persönlich vier deutsche IS-Kinder am nordsyrisch/irakischen Grenzübergang Semalka in Empfang nahm, besuchte nun auch nach langem Zögern letzten Dienstag ein Vertreter des deutschen Außenministeriums die Region.

Clemens Hatch, Vertreter des deutschen Außenministeriums führte gemeinsam mit seinem Kollegen aus dem französischen Außenministerium, Eric Schwalier, ebenfalls Gespräche mit den beiden Ko-Vorsitzenden der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten der Autonomieverwaltung, Abdulkarim Omar und Emel Dada in Ain Issa. In dem Gespräch, das mehrere Stunden dauerte, ging es um Möglichkeiten der direkten Unterstützung der Selbstverwaltung beim Wiederaufbau. Unterstützung solle die Selbstverwaltung auch über humanitäre Organisationen erhalten.

Es wurde auch über die Förderung des Bildungssektors gesprochen. In Nordsyrien wurde ein für den Nahen Osten einzigartiges Bildungssystem geschaffen, in dem die Kinder in ihrer jeweiligen Muttersprache alphabetisiert werden und eine weitere Landessprache dazu lernen. So sollen kurdische Kinder bspw. zuerst ihre Muttersprache lernen und zusätzlich arabisch; aramäische Kinder zuerst aramäisch und dann arabisch. Später kann eine dritte Sprache gewählt werden. Am Ende der Sitzung erklärte der Vertreter des französischen Außenministeriums:

Ich bin als Chef des Krisenzentrums des französischen Außenministeriums in Frankreich hier, um an der Stabilisierung der Gebiete Nord- und Ostsyriens mit zu arbeiten und humanitäre Hilfe zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in Nord- und Ostsyrien zu leisten ... Frankreich hat seit 2017 viele Projekte entwickelt, um die Menschen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, auch in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft in dieser Region zu unterstützen. Wir haben auch bei der Minenräumung geholfen, und wir wissen, dass es viele Herausforderungen in dieser Region gibt, aber Frankreich möchte in Zusammenarbeit mit einigen Partnern den Menschen helfen, ihr Leben zu verbessern.

Eric Schwalier, französisches Außenministerium

Der französische Diplomat erklärte weiter, sie seien in Ain Issa mit Führungskräften zusammengetroffen, um verschiedene Projekte zu diskutieren. Bei dem Besuch in Al-Rakka seien sie überrascht gewesen von den neuen Projekten, die in Al-Rakka entwickelt wurden und die Frankreich unterstützen wird - wie jetzt schon bspw. die medizinischen Abteilungen im Al-Rakka National Hospital, die Minenräumaktivitäten oder die zivilgesellschaftliche Aktivitäten.

Wenn sich auch das deutsche Außenministerium dazu durchringen könnte, offiziell den Wiederaufbau in Nord- und Ostsyrien zu unterstützen, wäre ein wichtiger Meilenstein geschafft. Denn es gibt schon jede Menge NGOs, zivilgesellschaftliche und humanitäre Organisationen und Städtepartnerschaftsinitiativen, die alle in den Startlöchern stehen und auf Förderung warten.

Bleibt abzuwarten, wie sich die Bundesregierung angesichts dieser Entwicklungen positioniert. Zeigt sie Erdogan nun endlich auch die rote Karte, oder spielt sie weiter die "drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen"?

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat im Auftrag der migrationspolitischen Sprecherin der Fraktion Die Linke, Gökay Akbulut, im September ein Gutachten zur Errichtung einer Pufferzone in Nordsyrien und die Angriffsdrohungen des türkischen Staates veröffentlicht, in dem er Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer türkischen Militäroffensive äußert. "Die Berufung auf das Selbstverteidigungsrecht" setze voraus, dass ein bewaffneter Angriff von nicht unerheblicher Intensität auf das Territorium der Türkei aktuell vorliegt oder unmittelbar bevorsteht.

Darüber müsste die Türkei zuerst den UN-Sicherheitsrat informieren. Gegen das Vorliegen einer akuten Sicherheitslage spreche, dass die Einheiten der YPG sich mit ihren Waffen bereits von der türkisch-syrischen Grenze zurückgezogen hätten. Interessant ist auch, dass nun auch der Wissenschaftliche Dienst Nord- und Ostsyrien als Autonomiezone bezeichnet. Vielleicht ein kleiner Hinweis auf einen Umdenkungsprozess.

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