Erfolgreiche virtuelle Lichterkette

Mit dem Projekt will sich eine Schulklasse gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus stellen

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Mit ihrer gegen die Ausländerfeindlichkeit gerichteten Lichterkette im Internet landete die Klasse 6d des Münchener Louise-Schröder-Gymnasiums unter den zehn besten Teilnehmern des Wettbewerbs "Jugend hilft!" der Kinderhilfsorganisation Children for a better world. Die Kinder haben nun die Gelegenheit, am 30. Juni ihr Internetprojekt im Rahmen einer Veranstaltung in München öffentlich zu präsentieren. "Children for a better world" fördert seit 1994 Projekte, die Kinder und Jugendliche in besonderen Notsituationen unterstützen.

Die virtuelle Lichterkette der Klasse 6d konnte bis jetzt ungefähr 3500 Einträge auf ihrer Website sammeln. Überwiegend melden sich Kinder und Jugendliche zu Wort: "Ich bin die Seda. Ich bin hier geboren und groß geworden! Aber meine Eltern kommen aus der Türkei. Dies macht meinen Freunden aber überhaupt nichts aus!" Die 11jährige Lisa aus Karlsfeld mag ihre neue Freundin: "In meiner Ethikklasse ist ein Mädchen aus Japan. Sie hat einen japanischen Namen, nämlich Saki. Wenn man mit ihr spricht, muß man aufpassen, denn sie spricht sehr schnell. Manche Wörter weiß sie nicht genau, dann fragt sie oft, ob sie es richtig gesagt hat. Sie kann sehr gut Geige spielen."

Viele ausländische Kinder sind nicht freiwillig nach Deutschland gekommen. Sie flohen aus Bürgerkriegsgebieten, wie der Freund von dem 11jährigen Andreas: "Mein Freund heißt Alen, er kommt aus Bosnien und er ist 11 Jahre alt. In der Grundschule waren wir in der selben Klasse. Er wohnt seit ungefähr fünf Jahren in Deutschland in einem Asylheim. Ich habe ihn schon längere Zeit nicht mehr gesehen." Möglicherweise ist er inzwischen wieder nach Bosnien zurückgekehrt. Manch ein ausländisches Kind macht jedoch auch schlechte Erfahrungen, wie die 11jährige Sabrina schreibt: "Meine Freundin Laura kommt aus Italien und ist 10 Jahre alt. Nun lebt sie seit acht Jahren in Deutschland. Sie spricht auch sehr gut deutsch. Viele Kinder aus unserer Klasse schikanieren sie. Sie findet es total unfair. Darum macht unsere Klasse eine Aktion gegen rechtsradikale Gewalt."

Die Idee zu dieser Lichterkette hatte die Deutschlehrerin der Klasse 6d des Louise-Schröder-Gymnasiums in München. Sie konnte die Klasse motivieren, sich auf diese Weise gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit zu stellen. Die Website selbst hat eher den Charakter eines Mahnmals. Kerzenflammen auf schwarzem Hintergrund sollen den Ernst des Anliegens unterstreichen. Mit Flugblättern und Briefen an Ministerien, Zeitungen und TV-Stationen wenden sich die Kinder an die Öffentlichkeit außerhalb des Internet. Mit Erfolg, denn neben weiteren Prominenten findet sich unter der laufenden Nummer 951 sogar eine Grußbotschaft des Bundeskanzlers Gerhard Schröder.

Die Lichterkette hat jedoch nicht nur Freunde. Rechte Provokateure schickten inzwischen gelöschte Einträge unter fiktiven Emailadressen wie Adolf@hitler.de oder himmler@ssstaat.de; es sind Beiträge, die von den Kindern als eigenartig empfunden werden. Die 9jährige Julia kann ausländerfeindliche Leute jedenfalls nicht verstehen: "Was machen diese Menschen denn im Ausland? Da sind sie doch selbst Ausländer."