Erneute Unterbrechung über Nord Stream 1: EU beschwichtigt, Kohle geht wieder ans Netz
Seite 3: Steinkohle geht zurück ans Netz
Experten gehen indes davon aus, dass die Wartung von Nord Stream 1 ein von Gazprom vorgeschobenes Argument ist, um angesichts des Streits um den Angriff auf die Ukraine den Druck auf die EU zu erhöhen. Diese Wartungsunterbrechung seien für sein Haus "technisch nicht nachvollziehbar", sagte nun auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Dienstag nach einem Gespräch mit Vertretern der Landesregierung von Niedersachsen.
Alle bisherigen Argumente, es liege an den Turbinen von Siemens Energy, halte er für vorgeschoben, fügte er gegenüber der dpa an: Die Erfahrung zeige, dass Russland "nach jeder sogenannten Wartung eine politische Entscheidung getroffen" habe.
Die Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine und der folgenden Sanktionen der EU gegen Moskau sorgt indes andernorts für eine Rückkehr zu fossilen Energieträgern. So kündigte der in Essen ansässige Kraftwerksbetreiber Steag an, im Saarland die Kohlekraftwerke Quierschied und Bexbach Anfang November wieder in Betrieb nehmen. Auch eine frühere Rückkehr aus der Netzreserve sei kein Problem, teilte die Steag am Dienstag in Essen mit. Über die Entscheidung hatte zunächst der Saarländische Rundfunk berichtet.
Auch der Energiekonzern Uniper bringt ein Steinkohlekraftwerk befristet zurück ans Netz. Geplant sei, bis voraussichtlich Ende April 2023 das Kraftwerk Heyden 4 bei Minden in Nordrhein-Westfalen wieder in Betrieb zu nehmen. Dies werde zur "zur Sicherstellung der Stromversorgung in Deutschland" beitragen, hieß es von Uniper am Montag dieser Woche.
Die Wiederinbetriebnahme der Steinkohlekraftwerke stützt sich auf eine Entscheidung der Bundesregierung. Sie hatte Mitte vergangenen Monats entscheiden, mit Steinkohle oder Erdöl betriebene sogenannte Reservekraftwerke wieder den Betrieb nehmen zu lassen. Dies solle dazu beitragen, Erdgas einzusparen, um weniger anfällig für Druck der russischen Seite zu werden.