Erster Schritt auf dem Weg, ausgestorbene Arten zu klonen
Amerikanischen Wissenschaftlern ist es gelungen, ein Tier mit entkernten Eizellen einer anderen Art zu klonen
Offenbar ist es das erste Mal gelungen, ein geklontes Tier mit der entkernten Eizelle einer anderen Art zu schaffen. Eigentlich hätte Noah, ein männlicher Gaur, bereits Ende November von einer gewöhnlichen amerikanischen Kuh auf die Welt gebracht werden soll, aber die Wissenschaftler haben anscheinend die Schwangerschaftsdauer dieses seltenen asiatischen Dschungelrinds falsch eingeschätzt.
Um fast zwei Monate hatte man sich verschätzt, denn jetzt kündigte man, dass es wohl nächste Woche mit der Premiere soweit sein werde. Das wirft zumindest ein eigenartiges Licht auf die Wissenschaftler von Advanced Cell Technology (ACT), die allerdings den Schwarzen Peter an die "veröffentlichte Literatur" weitergeben. Dort wäre, wie Robert Lanza der Zeitschrift New Scientist erzählte, von einer Schwangerschaftsdauer von 270 bis 280 Tagen die Rede gewesen. Über 300 Tage dürften es jetzt werden.
Noah wurde gezeugt, indem die Wissenschaftler Hautzellen eines bereits 1993 verstorbenen Gaurstiers mit entkernten Rindereizellen verschmolzen haben. Wie immer beim Klonen ist die Erfolgswahrscheinlichkeit noch nicht sehr hoch. Es sei, so die Autoren, noch immer eher eine Kunst als eine Wissenschaft. Im Fall von Noah und Bessie begannen die Wissenschaftler mit 692 Hautzellen. Dann wurden die Zellkerne mit den entkernten Eizellen von Rindern verschmolzen und in eine Nährschale gegeben. 81 von diesen Eizellen teilten sich oft genug, um die daraus entstandenen Embryonen in die Gebärmütter von 32 Rindern einzusetzen. Bei acht Kühen nisteten sich die Embryos erfolgreich ein. Zwei Föten wurden zur Untersuchung später wieder entfernt, fünf der Schwangerschaften führten zu Fehlgeburten, Noah ist also der einzige Überlebende.
Trotz dieser Probleme ist Lanza zufrieden: "Diese Zahlen sehen tatsächlich sehr gut aus. Normalerweise sind 10 bis 20 Schwangerschaften notwendig, um ein lebendiges Tier zu erhalten - und das bei einem Rinderembryo in einem Rind, nicht in einer anderen Art."
Die Wissenschaftler planen nach diesem "Erfolg" die Technik auch zur Nachzüchtung ausgestorbener Arten einzusetzen. Das könnte das Klonen auch für Naturschützer akzeptabler machen. Konkret soll, wie Lanza mit anderen Kollegen in einem Artikel schreibt, der im November in Scientic American erschienen ist (Das Kalb Noah - das erste Klon einer gefährdeten Art), eine spanische Bergziege geklont werden. Das letzte Exemplar dieser Art, ein Weibchen, starb im Januar im spanischen Nationalpark Ordesa, weil ein Baum auf sie gefallen ist. Doch Gewebe von ihr wurde sorgfältig eingefroren, so dass das Erbmaterial nun in Eizellen von gewöhnlichen Ziegen eingebaut werden kann. Bei der geplanten Wiederauferstehung einer bereits ausgestorbenen Art gibt es nur ein kleines Problem: Mit dem Klonen erhält man nur weibliche Ziegen erhält, zur Fortpflanzung wären aber auch Böcke notwendig, von denen es jedoch keine Gewebeproben gibt.
Das ACT-Team will, wenn es die Genehmigung der spanischen Behörden erhält, in die vorhandenen Zellen der Bucardo-Ziege das männliche Y-Chromosom einer verwandten Art einführen, nachdem ein X-Chromosom entfernt wurde. Damit ließen sich dann, so hoffen die Wissenschaftler, Bucardo-Böcke erzeugen, die dann mit den geklonten Weibchen wieder selbst Nachwuchs bekommen und in die Berge ausgesetzt werden könnten. Lanza ist jedenfalls optimistisch, was dieses Problem angeht: "Das Chromosom so zu verändern, dass eine männliche Ziege entsteht, verlangt einiges an Arbeit - aber das ist sicherlich etwas, was in den nächsten Jahren gemacht werden kann."