Europas historische Verantwortung im Ukrainekrieg

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Bild: Just Click's With A Camera

Eine chinesische Sicht

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist zweifelsohne einer der schwerwiegendsten geopolitischen Konflikte globaler Tragweite seit dem Ende des Kalten Krieges. Wenn sich der Konflikt weiterhin nach seiner bisherigen Logik entwickelt, ist eine weitere Eskalation nicht auszuschließen, bis die Welt zum Schluss mit der tragischsten bewaffneten Auseinandersetzung und der größten humanitären Katastrophe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert wird.

Sogar die undenkbare und unaussprechbare A-Frage ist jetzt kein Tabu mehr. Wie könnte die zivilisierte Welt angesichts einer solchen explosiven Konfrontation dafür sorgen, dass die Waffen so bald wie möglich ruhen und dass wieder der Weg der Verhandlung und des Kompromisses beschritten wird?

Betrachtet man die Worte und Taten aller am Konflikt Beteiligten, so muss man zu dem pessimistischen, oder – um es diplomatisch auszudrücken – wenig optimistischen Schluss kommen, dass sich der Konflikt vor den Augen der zivilisierten Welt im freien Fall in eine Richtung befindet, die nur einen Sieger kennt.

Russland hat der Nato und der Ukraine lange vor der Eskalation die Karten auf den Tisch gelegt, deren Kernbotschaft darin besteht, dass die Nato nicht weiter nach Osten expandieren dürfe und die Ukraine neutral sein müsse.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Monatszeitschrift Welttrends.

Derzeit sieht es nicht danach aus, dass Russland mit dem Krieg aufhören wird, bevor seine Ziele erreicht sind. Zivile Opfer werden skrupellos als Kollateralschaden einkalkuliert; die Ukraine, die in den letzten Jahren den Nato-Beitritt zu ihrem nationalen Anspruch erhoben hat, entscheidet sich nun dafür, den Kampf mit Unterstützung der Nato fortzusetzen.

Ein Entgegenkommen im russischen Sinne kommt für die Ukraine nicht in Frage; die Nato und die EU-Länder haben in diesem Konflikt alle Register gezogen, die von umfassenden Sanktionen gegen Russland bis hin zu weitreichender und vor allem militärischer Unterstützung für die Ukraine reichen.

Nur die direkte militärische Konfrontation mit Russland scheut man noch. Russland soll nach dem Willen von US-Präsident Joe Biden zu einem "Paria" der internationalen Gemeinschaft degradiert werden. Deutschland, die stärkste Volkswirtschaft der EU, hat über Nacht das Narrativ der "Zivilmacht" aufgegeben, das in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit sorgsam gepflegt worden war, und eilig eine Aufrüstung angekündigt, die gleich durch ein "Sondervermögen" von 100 Milliarden Euro eingeleitet wird.