Europol gegen "Krieg in den Städten"
Seite 2: Europol rät zu Geolokalisierung
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Germert schlägt vor, eine gemeinsame Plattform einzurichten, auf die alle Diensteanbieter zugreifen können. Dort könnten Daten zu "extremistischen" NutzerInnen gesammelt werden. Durch den Vergleich von IP-Adressen wären alle Beteiligten in der Lage, auch in ihrem Sozialen Netzwerk nach entsprechenden Accounts zu suchen und diese zu löschen.
Europol betreibt mittlerweile ein "First Response Network" zum Einsatz bei terroristischen Anschlägen. Nach den Anschlägen in Paris hat die Agentur kurzfristig 60 Personen zur Unterstützung der französischen Behörden mobilisiert. In Dublin erklärte Germert die Arbeit des Netzwerks. Demnach seien rund um das Bataclan 366 aktive Accounts von Soziale Medien festgestellt worden. Europol habe sich die Geotagging-Funktion der Dienste zunutze gemacht. Ziel war dabei vor allem die Ermittlung von Zeugen.
Allerdings erklärt der Ex-Geheimdienstler nichts zu der Funktionsweise der dabei genutzten Anwendung. Möglich wäre, eine der marktverfügbaren Softwarelösungen zur geobasierten Darstellung von Diensten wie Facebook, Instagram oder Twitter einzusetzen. Einige Betroffene hatten bei den Anschlägen auch aus dem Bataclan Nachrichten über Twitter und Facebook abgesetzt. Germert bezeichnet die Geolokalisierung deshalb als Gelegenheit zur Verbesserung der Arbeit von Sicherheitsbehörden. Krisen könnten dabei nicht nur ausgewertet, sondern auch erkannt werden. Europol ist selbst an drei Forschungsprojekten zum automatisierten Aufspüren von Bedrohungen im Internet beteiligt.
Vergleich mit Uber und AirBnB
Germert sieht das Vorgehen der Paris-Attentäter Strategie für zukünftige Anschläge. Behörden dürften sich daher nicht nur auf Erfahrungen mit Terrorismus stützen, sondern auch Soziale Medien berücksichtigen. Europol könne dabei helfen, Netzwerke und Verbindungen zwischen den PlanerInnen und Ausführenden der Attacken zu finden.
Der niederländischen Tageszeitung Telegraaf erklärte Germert in einem Interview, dass Europol vor allem auf Finanzermittlungen und Netzwerkanalyse setzt. Dabei fielen Namen, Adressen, Telefonnummern und Mailadressen an. Die belgischen und französischen Behörden wurden bei der Analyse von Telekommunikationsdaten unterstützt, die mit Finanzdaten abgeglichen wurden.
Das Data Mining habe dabei zu 1.600 Hinweisen ("Leads") geführt. Im Sommer will die EU ein zentrales Bankkontenregister einführen, um die Rückverfolgung von Finanzströmen weiter zu vereinfachen. Ein bei Europol angesiedeltes europaweites Netzwerk für Finanzermittlungen soll dabei weiter gestärkt werden.
Europol hat kürzlich das "Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung" (ECTC) eingerichtet, das als "Fusion Centre" mehrere Abteilungen zusammenführt. Derzeit arbeiten dort 39 Europol-Bedienstete sowie fünf entsandte "nationale Experten". Bis 2018 hat Europol einen zusätzlichen Personalbedarf von 50 Personen beantragt. Laut Germert sei die Zahl der Zahl der Beschäftigten zwar mickrig. Ähnlich wie Uber und AirBnB verfüge Europol kaum über materielle Ressourcen, jedoch sei die Agentur für ihre Werkzeuge und Qualität digitaler Ermittlungen bekannt.
Deutschland weiter Poweruser
Die größte Datei der Agentur ist das "Europol Information System" (EIS) mit derzeit fast 300.000 Einträgen, darunter rund 87.000 Personen. Mehr als ein Viertel der Daten stammt aus Deutschland. Zu "ausländischen Kämpfern" unterhält Europol eine weitere Datensammlung "Travellers", die mittlerweile Einträge zu 3.700 Personen enthält.
Jährlich wird Europol zu rund 30.000 grenzüberschreitenden Ermittlungen kontaktiert, die Agentur ist an 800 Fällen im Rahmen von "high profile investigations" selbst beteiligt. Im vergangenen Jahr habe Europol laut dem Vizedirektor Germert 4.500 Berichte ("intelligence reports") verfasst. Terrorismus und Cyberkriminalität seien die gegenwärtigen Hauptbedrohungen für die europäische Sicherheit, nun käme allerdings die unkontrollierte Migration hinzu.