Ex-Geheimdienst-Chef: Verfassungsschutz als politische Waffe?
Wird der Inlandsgeheimdienst instrumentalisiert? Dieser Vorwurf kam auch schon von der AfD und Ex-Behördenchef Maaßen. Der wird nun zunehmend selbst dessen verdächtigt.
Sowohl die AfD als auch der ehemalige Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, haben sich in den letzten Monaten gegen eine politische Instrumentalisierung des Inlandsgeheimdienstes verwahrt.
Im August erzielte die AfD mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Köln sogar einen Teilerfolg gegen den aktuellen BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang, der sich daraufhin verpflichtete, während ihres Europa-Parteitags weitere Kritik an der Partei zu unterlassen.
Maaßen, der dem rechten Flügel der CDU angehört und AfD-Kontakte pflegt, war unterdessen selbst ins Visier seiner ehemaligen Behörde geraten, als die Polizei bundesweit gegen eine Clique bewaffneter "Reichsbürger" vorging, in deren Umfeld ermittelte und Chats auswertete. Nach Medienberichten hatte das BfV auch eine "Erkenntnisabfrage" zur Person Maaßen beim Bundeskriminalamt gestellt. Er zeigte sich darüber empört:
"Sollte das zutreffen, dann ist es offensichtlich, dass der Verfassungsschutz nicht mehr zum Schutz der Verfassung eingesetzt, sondern zum Schutz der Regierung", schrieb Maaßen am 15. August im Kurzbotschaftendienst X (ehemals Twitter). Der Geheimdienst werde offenbar "zur Bekämpfung und politischen Verfolgung von Regierungskritikern missbraucht".
Maaßen wird allerdings auch selbst verdächtigt, den Verfassungsschutz während seiner Amtszeit von 2012 bis 2018 als politische Waffe missbraucht zu haben. Jüngster Anlass sind seine Äußerungen vor dem Untersuchungsausschuss zum Thema "politische Gewaltkriminalität" im Thüringer Landtag.
Wie Maaßen "Linksextremismus" definiert
In einem Eingangsstatement hatte Maaßen am Dienstag vor dem Ausschuss erklärt, der Linksextremismus habe seiner Behörde damals große Sorge bereitet, "da mit Bodo Ramelow und seiner Partei Linksextremisten in diesem Land regierten".
Bodo Ramelow (Die Linke) ist nach wie vor Ministerpräsident des Landes Thüringen. Ihm wurde bereits vor seiner Wahl in dieses Amt vom Bundesverfassungsgericht bescheinigt, keiner antidemokratischen Bestrebung verdächtig zu sein, nachdem er gegen langjährige Überwachungsmaßnahmen des BfV geklagt hatte. Das Gericht hatte dem Verfassungsschutz im Jahr 2013 weitere Maßnahmen gegen ihn verboten.
Damals stellte die CDU die Kanzlerin und Maaßen, der damals in der breiten Öffentlichkeit noch nicht als rechtslastig galt, war im Vorjahr Chef des BfV geworden.
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Nach seiner Stellungnahme am Dienstag im Thüringer Untersuchungsausschuss brach das Gremium unter der Leitung von Raymond Walk (CDU) die Befragung ab. Als Zeuge geladen worden war Maaßen auf Initiative der AfD-Fraktion. Nach dem Eklat bekräftigten Parteifreundinnen von Ramelow die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Person Maaßen und seiner Amtsführung als Chef des Inlandsgeheimdienstes.
Die Thüringer Linke-Politikerin Katharina König-Preuss bezeichnete ihn als "Fake-News-Schleuder". Maaßen habe bereits "als VS-Boss die extreme Rechte gefördert, hängt auch jetzt mit Nazis ab und haut gegen Bodo Ramelow diesen geistigen Dünnschiss raus", empörte sich Daphne Weber, Europa-Kandidatin der Linkspartei in einem X-Kommentar. "Das bestätigt einmal mehr: es braucht einen Untersuchungsausschuss Maaßen im Deutschen Bundestag", befand Weber.