Exportweltmeister ohne Zielmärkte?
In den Außenbeziehungen Deutschlands wird Diplomatie durch "westliche Werte" verdrängt. Extreme Vorbehalte gibt es gegen die einstige "verlängerte Werkbank" China. Kann das gutgehen?
Die deutsche Politik will nach den Sanktionen gegen Russland und Iran jetzt auch gegen China Härte zeigen und übersieht dabei, dass man schon seit geraumer Zeit faktisch am kürzeren Hebel sitzt. Zuerst hat man gefordert, dass China das Kopieren westlicher Designs beendet.
Dabei hat man die deutsche Geschichte außer Acht gelassen, dass die industrielle Entwicklung Deutschlands auf knallharter, staatlich erwünschter Industriespionage auf den britischen Inseln basierte.
China war anfangs nur als kostengünstiger Zulieferer oder sogenannte verlängerte Werkbank erwünscht. Dass der Umwelt- und Arbeitsschutz in China zu Beginn weniger kostentreibend war als in Deutschland, hat man dabei gerne billigend in Kauf genommen. Seit erste chinesische Provinzen der Ausbeutung von Arbeitskräften und Umwelt zusehends entgegentreten, sorgt man sich in Deutschland um seine Investitionen in China.
Das führte aktuell zu umfangreichen Vorwürfen wegen Behinderung der deutschen Wirtschaft. Nicht einmal an den chinesischen Corona-bedingten Lockdowns und den Fabrikschließungen wegen wasserkraftbedingtem Strommangel ließ man ein gutes Haar.
Obwohl China sehr dezentral verwaltet wird, hat sich die Politik im Westen auf Xi Jinping eingeschossen und macht ihm alles zum Vorwurf, was nicht in die westliche Werteordnung passt. Dass sich der Westen vielfach selbst nicht an die Forderungen hält, die man an das Reich der Mitte hat, ist dabei nur das argumentative Sahnehäubchen.
Kann der deutsche Maschinenbau auf Exporte nach China verzichten?
Während sich die meisten Hersteller in dieser Frage bedeckt halten, hat sich Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf, für den China der viertwichtigste Markt ist und der aufgrund der US-Restriktionen für den niederländischen Chipmaschinenhersteller ASML derzeit keine Ausrüstungsteile für den Export nach China liefern darf, inzwischen klar positioniert:
"Nehmen wir an, die Chinesen überfallen Taiwan: Dann müssen wir uns entscheiden, auf welcher Seite wir stehen wollen. Mir fällt die Entscheidung leicht."
Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass man es sich nicht leisten könne, seinen Handel auf jene 6 Prozent zu beschränken, die "astreine Demokratien" seien. Mit einer solchen Einschränkung sei der deutsche Lebensstandard nicht zu halten.
Will die deutsche Politik China nicht verstehen oder kann sie es nicht?
Betrachtet man die aktuelle deutsche Politik, so fällt es zunehmend schwer, die Intentionen der Bundesregierung nachzuvollziehen. Einzige Erklärung scheint derzeit die gnadenlose Nachfolge der Freunde jenseits des Atlantiks zu sein, die sich seit einigen Jahren damit zu profilieren versuchen, China so viele Knüppel wie möglich zwischen die Beine zu werfen.
Dabei ist China inzwischen wohl der wichtigste Exportmarkt für deutsche Hersteller. In vielen asiatischen Märkten wurde das "Made in Germany" in den letzten Jahren vom "Made in China" abgelöst. Die meistgehörte Begründung in diesen Fällen war die Aussage, dass eine Fertigung in Deutschland teurer wäre als in China und bei Preisgleichheit das chinesische Produkt besser sein müsse.
In einer sich stürmisch entwickelnden chinesischen Mittelschicht, die sich Importprodukte leisten kann, stoßen angesehene Markennamen immer noch auf großes Interesse, führten doch chinesische Produkte lange Zeit nur gewissermaßen generische Namen wie Seagull oder Great Wall.
Mit einer Importbeschränkung für Waren aus Europa würde deren Wert im Reich der Mitte noch deutlich steigen. Das Nachsehen hätten die hiesigen Hersteller, weil sie nur noch geringer Stückzahlen liefern könnten und der europäische Markt kaum noch Absatzvolumen verspricht.
Dass der deutsche Markt vielen Herstellern kaum noch ein Auskommen ermöglicht, hört man bei Gesprächen in zahlreichen Technik-Branchen immer häufiger. Die Zahlungskraft der Europäer wird inzwischen von Mieten, Energie und zunehmend auch von Lebensmitteln abgeschöpft. Für technische Produkte scheint es da immer weniger Interesse zu geben.
Dazu kommt das Problem, dass immer mehr Firmen hierzulande nicht mehr genügend Geld verfügbar haben, um ihre Produktion den Marktentwicklungen anzupassen. Chinesische Investoren sind da oft die letzte Rettung, um die Arbeitsplätze zu erhalten.
Im Falle des kleinen Beatmungstechnikspezialisten Heyer Medical AG aus Bad Ems, der aus der Insolvenz von der Beijing Aeonmed übernommen werden sollte, hat sich die Bundesregierung quergelegt. Inzwischen ergibt sich der Eindruck, dass Berlin mit dem Verkaufsverbot zu spät gekommen zu sein scheint.
Verkauf von großen Teilen der Dortmunder Elmos
Wie im Falle des Containerterminals Tollerort am Hamburger Hafen stieß auch die ebenfalls seit vergangenem Jahr geplante Veräußerung wichtiger Teile der Dortmunder Chipschmiede Elmos, deren Produkte im Automotive-Bereich benötigt werden, aktuell auf Widerstände in der Politik.
Käufer der Fab, für die Elmos in absehbarer Zeit aufgrund geänderter Technologien keine Verwendung mehr haben wird, ist die schwedische MEMS Foundry Silex, die wiederum eine 100-prozentige Tochter der chinesischen Sai MicroElectronics ist.
Der chinesische Käufer will offensichtlich nur die technischen Einrichtungen und die Vorräte übernehmen, nicht jedoch die Immobilien, die er nur pachten will. Elmos wird für mehrere Jahre noch benötigte Produkte aus der zum Verkauf anstehenden Fertigung beziehen. Wie dauerhaft das chinesische Investment sein wird, lässt sich derzeit kaum abschätzen.
Die einzige verbliebene Alternative zum Verkauf an Silex wäre offensichtlich nur die Abkündigung aktueller Produkte und die Abwicklung der Fab gewesen. Insofern ist der chinesische Investor zumindest fürs Erste die einzige denkbare Rettung für die Arbeitsplätze in Dortmund.