FDP im Sinkflug: Werden die Wirtschaftsliberalen zur Kleinpartei?

Unpopuläre Politik muss nicht immer ökologisch sein. Symbolbild: Leonhard Lenz / CC0 1.0

Die FDP verliert in Umfragen und muss wohl bald den nächsten Landtag räumen. Politik der sozialen Kälte kommt in ihrem Fall schlecht an. Das gilt aber nicht für alle Parteien.

Innerhalb der Ampel-Bundesregierung tritt die FDP als kleinster Koalitionspartner selbstbewusst auf – im Kabinett von Kanzler Olaf Scholz (SPD) besetzt sie die Ressorts Finanzen, Justiz, Bildung und Verkehr. Dass die Ampel insgesamt in Umfragen "abschmiert", wird in der öffentlichen Debatte oft und gern mit der Politik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und dem Heizungsgesetz aus seinem Ressort in Verbindung gebracht.

Tatsächlich bringt das Gesetz – gemessen an dem Wirbel und den Existenzängsten, die es verursacht hat –, eher wenig für den Klimaschutz. Allerdings sind die Grünen nicht die Koalitionspartei, die in Umfragen die meiste Zustimmung verliert – dies ist in absoluten Zahlen die SPD.

Gemessen am eigenen Ergebnis bei der Bundestagswahl 2021 ist es aber die FDP: Bei der letzten "Sonntagsfrage" kam sie nur noch auf 6,5 Prozent und verlor damit fünf von 11,5 Prozentpunkten – weniger als die Hälfte, aber deutlich mehr als ein Drittel.

Die SPD käme noch auf 17,5 Prozent im Vergleich zu 25,7 Prozent – also 8,2 Prozentpunkte, aber weniger als ein Drittel. Die Grünen kämen dagegen auf 13,5 Prozent und liegen damit nicht allzu weit unter ihrem Ergebnis von 2021 – damals hatten sie 14,8 Prozent erreicht.

Dass die Grünen aktuell weniger "Federn lassen" müssten als ihre Koalitionspartner, mag auch am Richtungsstreit in der Partei Die Linke liegen, die enttäuschte Grünen-Wähler nur schwer auffangen kann, solange nicht klar ist, ob die "Linkskonservativen" im Sahra Wagenknecht sich demnächst abspalten oder nicht.

Verlust von Landtagsfraktion in größtem Flächenland zeichnet sich ab

Mehr Sorgen um Mandate als die Grünen muss sich die FDP machen: In Bayern, dem größten deutschen Flächenland, das mit mehr als 13 Millionen Menschen die zweitgrößte Einwohnerzahl hat, könnte sie schon in zwei Wochen damit anfangen, ihre Landtagsbüros zu räumen. Zuletzt kam sie hier in Umfragen nur auf drei bis vier Prozent – und am 8. Oktober wird ein neuer Landtag gewählt.

Zuletzt flog die FDP im Oktober 2022 aus dem niedersächsischen Landtag. Auch in Brandenburg, Sachsen und dem Saarland sind die Wirtschaftsliberalen zur Zeit nicht in den Landesparlamenten vertreten.

Wenn die große Mehrheit der Befragten Wahlprogramme lesen würde, gäbe es dafür nur auf den ersten Blick eine einfache Erklärung – denn eine Politik der sozialen Kälte, die im Fall der FDP vielen sauer aufstößt, findet sich auch im Programm der ultrarechten AfD. Letztere wird aber scheinbar seltener damit in Verbindung gebracht und feiert in Umfragen gerade einen Höhenflug.

Mehr Bereitschaft zum Wählen gegen eigene Interessen im Fall der AfD

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik besonders große Überschneidungen zwischen AfD und FDP festgestellt. Teilweise übertrifft die ultrarechte Oppositionspartei hier noch die Wirtschaftsliberalen.

Zahlreiche AfD-Wähler würden laut der DIW-Studie zu den Hauptleidtragenden gehören, wenn ihre Wunschpartei an die Regierung käme. Nicht wenige Erwerbslose aus strukturschwachen Regionen würden sie wählen. Dabei sieht die AfD härtere Sanktionsregeln beim Bezug von Lohnersatzleistungen und letztendlich Zwangsarbeit vor. 2021 sprach sie sich zudem gegen die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro aus.

Wie die FDP lehnt die AfD auch Mietpreisbegrenzungen ab, während sie Angst vor höheren Wohnnebenkosten durch Klimaschutz im Gebäudesektor schürt.

All das verpackt die AfD aber im Gegensatz zur FDP in ein für Teile der Wahlberechtigten heimeliges Volksgemeinschafts-Feeling. Die AfD wird als bodenständiger und weniger arrogant wahrgenommen – zumindest von vielen Herkunftsdeutschen und auch einem Teil derjenigen, die "nur" deutsche Pässe haben und sich von "schlecht integrierten Migranten" abgrenzen wollen.