Falschmeldung zu Raketeneinschlag in Polen: Guter Geheimdienstglaube?

Seite 3: Rückfragen ignoriert

Ein (anderer) Redakteur habe sofort gefragt, ob AP eine Warn-Meldung auf der Basis dieses "Tipps" (sic!) veröffentlichen solle, "oder brauchen wir eine Bestätigung von einer anderen Quelle und/oder Polen?"

Und jetzt wird es besonders interessant: Nach einer weiteren Diskussion habe eine zweite Redakteurin gesagt, dass sie für die Veröffentlichung einer solchen Meldung stimmen würde. Sie habe hinzugefügt: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein US-Geheimdienstmitarbeiter in dieser Sache falsch liegen würde."

Das lässt in der Tat tief blicken: Gerade Mitarbeitenden von Geheimdiensten zumindest nicht alles zu glauben, sollte für alle Bürgerinnen und Bürger auch in politisch-demokratisch verfassten Gesellschaften selbstverständlich sein.

Für Journalist:innen nach allen Regeln professioneller Standards sowie beruflicher Ethik insbesondere, und für Verantwortliche in Redaktionen sicher erst recht. Und ganz bestimmt in Fragen von Krieg und Frieden.

Hier aber, wenn wir nach Ursachen des AP-Fehlalarms jenseits persönlichen Versagens fragen, scheint eine also sowohl strukturelle als auch kulturelle Nähe zwischen (leitenden) Medien und Staatsapparaten, die eine oder andere Rolle gespielt zu haben.

So wirkt die Erklärung der AP-Sprecherin Lauren Easton leider fast schon folgerichtig. Sie sagte, die Nachrichtenagentur AP erwarte keine Disziplinarmaßnahmen für die beteiligten verantwortlichen Redakteure.

Und nach der Verantwortung des angeblichen US-Geheimdienstmitarbeiters für seinen angeblichen "Tipp" wird in einer solchen Perspektive folgerichtig auch kaum gefragt. Glossierend könnte gesagt werden: LaPorta hat seine Schuld getan, LaPorta kann gehen.

Das ist freilich, strukturell gesehen, keine neue Erkenntnis, was Gesellschaften und Organisationen angeht, die nicht zuletzt von Konkurrenz bestimmt sind: Bei Bertolt Brecht heißt in der Schlussstrophe seiner Moritat von Mackie Messer in der Dreigroschenoper:

Denn die einen sind im Dunkeln

Und die andern sind im Licht.

Und man siehet die im Lichte

Die im Dunkeln sieht man nicht.

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