Fernsehsender als Terrororganisation eingestuft

Nach dem Entzug der Sendelizenz für al-Manar in Frankreich setzt die US-Regierung nun erstmals einen Fernsehsender auf die Terrorliste

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bislang haben die USA ebenso wie die EU oder Vereinten Nationen nur Organisationen oder Personen auf ihre Terrorlisten gesetzt. In einem bislang ungewöhnlichen Schritt hat das US-Außenministerium den im Libanon angesiedelten, der Hisbollah nahestehenden Sender Al-Manar als "terroristische Organisation" auf die Liste der ausländischen Terrororganisationen gesetzt. Damit darf zunächst das Programm des Senders nicht mehr in den USA ausgestrahlt werden.

Die vom US-Außenministerium in Zusammenarbeit mit den Justiz- und Heimatschutzministerium erstellte Liste erfasst ausländische Terrororganisationen (FTO), die auch eine Gefährdung für die nationale Sicherheit der USA darstellen sollen. Das ist allerdings weit gefasst, denn darunter fallen Bedrohungen der Verteidigungs-, der Außen- und der Wirtschaftspolitik. US-Bürgern ist untersagt, solchen FTOs Unterstützung in jeder Form zu gewähren, Angehörige der FTOs müssen ausgewiesen werden. Man will damit vor allem auch eine finanzielle Unterstützung unterbinden und außenpolitisch ein Signal setzen, dass diese Organisation von der US-Regierung verpönt wird.

Die Sendelizenz von al-Manar wird also nicht nur, wie vor einer Woche in Frankreich geschehen), entzogen, die US-Regierung geht weiter und sieht den Sender entweder als Kommunikationsorgan der Hisbollah, die schon länger auf der Liste steht, oder als ein Medium, das die Hisbollah direkt bei terroristischen Aktivitäten unterstützt.

Die Entscheidung muss sehr schnell geschehen sein, vermutlich als Reaktion auf das französische Verbot. Noch am 9. Dezember sagte Adam Ereli, der Sprecher des Außenministeriums, auf einer Pressekonferenz, auf der er auf al-Manar angesprochen wurde, dass einige Sendungen von al-Manar zwar den Hass schüren, aber man nicht regeln wolle, was die US-Bürger sehen dürfe:

I think Al-Manar -- we have gone on the record on numerous occasions in response to what we consider to be -- I'm trying to think of the harsh enough word for it -- we consider to be disgusting programming that preaches hatred and violence and ideals, or -- not ideals, ideas that are antithetical to the values which we believe in. They've done a number of programs that I think can be characterized in that way. Whether it rises to the level of that -- whether it reaches the point where U.S. regulatory agencies feel it necessary or are required to take action, you'd have to ask those agencies.

Richard Boucher sagte am Freitag zwar nichts dazu, warum der plötzliche Wandel erfolgt ist, aber er versuchte zu erläutern, warum ein legal im Libanon betriebener Fernsehsender, der dem Verband der arabischen audiovisuellen Medien angehört, als Terrororganisation eingestuft werden kann. Das Hauptargument ist, dass er "zu terroristischen Aktivitäten aufruft". Alle Ausländer, die mit al-Manar zusammen arbeiten oder dem Sender angehören, können ausgewiesen werden bzw. erhalten keine Visa mehr. Gefragt, ob nicht muslimische Menschen das Sendeverbot in den USA für den in der arabischen Region beliebten Sender berechtigt als Zensur verstehen könnten, entgegnete Boucher:

Das wäre für mich keine angemessene Schlussfolgerung, wenn man berücksichtigt, dass die hisbollah eine aktive Terrororganisation ist. Die Menschen im Nahen Osten wissen genauso gut wie wir, dass sie Anschläge ausführen, Waffen schmuggeln, Menschen töten, gewaltsamen Widerstand gegen den Friedensprozess und gegen einen palästinensischen Staat leisten, den die Palästinenser friedlich schaffen wollen. Ihr Fernseharm, wie jeder sehen kann, der zuschaut, wie man mir erzählt hat, dient dazu, diese terroristische Gewalt anzustacheln. Und daher ist es ganz logisch, dass wir, wenn wir die Hisbollah als Terrororganisation einstufen, auch ihre Propagandatätigkeiten durch ihren Fernsehsender unterbinden müssen. Es geht um die Frage des Aufrufs zur Gewalt. Und wir sehen nicht, warum es hier oder anderswo einer Terrororganisation erlaubt sein sollte, ihren Hass und ihren Aufruf zur Gewalt durch Fernsehsendungen zu verbreiten.

Das sieht man beim Sender selbst freilich anders. Hier spricht man von einem "intellektuellen Terror" der US-Regierung, die damit nur den Standpunkt der Araber und Muslime zensieren wolle. Der Sender verweist darauf, dass er im Libanon zugelassen und kein Organ einer Partei oder Organisation ist, und warnt ansonsten, dass dies

nur der Beginn eines neuen Zeitalters ist. Eines Zeitalters, das jede Stimme oder jedes Medium, die es wagen, Israel zu kritisieren und die palästinensische Sache zu verteidigen, zum Schwiegen zu bringen.

Zusammen mit dem französischen Verbot wird das in der Region als Affront betrachtet. So sagte der Vizepräsident des Hohen Schiitischen Rats Sheikh Abdel-Amir Qabalan, dass die Verbote von einem Imperialismus Zeugnis ablegten, der die arabische Stimme ausschließen will. Der libanesische Informationsminister Elie Ferzli drohte an, über Maßnahmen gegen französische und amerikanische Sender nachzudenken. Und Hassan Fadlallah, Nachrichtenchef von al-Manar, begreift dies als "offenen Angriff auf die Meinungsfreiheit". Der Vorwurf geht vor allem dahin, dass die USA und Frankreich einseitig Israel bevorzugen. Boucher wies dies zurück.