Finanzkapital auf dem Acker: Ein Trend seit der Finanzkrise

Ackerboden gilt unter Investoren als das neue Gold. Kleinere Betriebe werden aus dem Markt gedrängt. Der (neue) Kampf um den Boden. (Teil 1)

Die Lukas-Stiftung ist eine Art Familienunternehmen. Allerdings handelt es sich bei dieser Familie um eine besondere, nämlich um einen Zweig der Familie Albrecht, den Besitzern des Aldi-Konzerns.

Die Brüder Theo und Karl Albrecht brachten in den 1960er Jahren Discounter-Märkte nach Deutschland und wurden mit billigen Lebensmitteln sagenhaft reich. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes besaß Theo, Eigentümer von Aldi Nord, zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 2010 schlappe 16,7 Milliarden US-Dollar.

Der gläubige Katholik hatte eine Abneigung gegen Schenkungs- und Erbschaftssteuern. Also verteilte er seine Unternehmensanteile auf drei unterschiedliche Familienstiftungen mit den biblischen Namen Markus, Jakobus und dem oben erwähnte Lukas. Denn siehe, mit dieser rechtlichen Konstruktion lassen sich die Abgaben an den Fiskus senken.

Die Lukas-Stiftung kontrolliert 19,5 Prozent der Aldi-Nord-Aktien und gehört Theo Albrechts gleichnamigem Sohn. Laut Forbes verfügt der Junior über knapp 16 Milliarden US-Dollar. Sein Vermögen ist damit fast ebenso groß wie das seines Vaters, obwohl Theo Albrecht senior Geld und Aktien sorgsam auf die drei Zweige seiner Nachkommenschaft verteilte.

Offizieller Zweck der Lukas-Stiftung ist "die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhaltes, für die Berufsausbildung und das Studium, für die berufliche Existenzgründung und die Förderung unternehmerischer Tätigkeiten sowie für die Zahlungen von Erbschaftssteuern".

Wie viel Geld sie verwaltet, muss sie nicht veröffentlichen, schon gar nicht, wie viel Steuern sie zahlt. In welche Geschäfte sie investiert, müssen Journalisten mühsam zusammenzutragen, wobei die Suchergebnisse mit Sicherheit unvollständig bleiben.

Schlagzeilen machte die Lukas-Stiftung vor drei Jahren, als sie (über die Beteiligungsgesellschaft Boscor) ein Agrarunternehmen im thüringischen Bad Langensalza kaufte. Der Betrieb bewirtschaftet etwa 6 000 Hektar. Der Kaufpreis lag bei 27 Millionen Euro, außerdem übernahm die Boscor-Gruppe Schulden in Höhe von 13 Millionen Euro. Macht insgesamt die bemerkenswerte Summe von 40 Millionen Euro.

Das Beispiel wirft ein grelles Licht auf die Verhältnisse auf dem Bodenmarkt. Beteiligungsgesellschaften und Unternehmensnetzwerke kaufen Land im großen Stil auf. Hinter diesen Gesellschaften stehen Immobilien- und Handelskonzerne (wie die Zech-Gruppe, die Lindhorst-Gruppe oder die Deutsche Agrar-Holding DAH), aber auch Unternehmen der Lebensmittelindustrie (zum Beispiel die Südzucker AG) oder der Versicherungskonzern Münchener Rück.

Mit Landwirtschaft haben sie eigentlich wenig am Hut. "Die reichsten Bauern in Deutschland sind keine Bauern", so brachte das Online-Magazin Agrar heute die Lage auf den Punkt.

Bei dem neuen Landhunger handelt es sich um einen langfristigen und internationalen Trend. Seit der Finanzkrise 2008 fließt immer mehr Kapital in den Markt. Landwirtschaftlich genutzter Boden bringt zwar vergleichsweise geringe Renditen, aber gilt als krisensichere Geldanlage, denn fallende Preise sind nahezu ausgeschlossen (zu den Gründen weiter unten).

Deswegen kaufen Superreiche und Normalreiche, bis hinunter zu den sogenannten Zahnwälten – wohlhabende Zahnärzte und Anwälte, die sich eine Risikostreuung leisten können. Ackerland ergänzt den Immobilienbesitz, "Bodengold" tritt zum "Betongold".

Für Landwirte ist das ein Problem, denn die Investoren bezahlen Preise, die sie niemals aufbringen könnten. So wie im Fall von Tobias Lemm, der einen Betrieb im brandenburgischen Elbe-Elster-Landkreis erwerben wollte, der Getreide und Milch produziert.

Acht Millionen brachte Tobias Lemm zusammen, um dann im Frühjahr von der Quarterback Immobilien AG mit zwei Millionen überboten zu werden. Quarterback gehört zu 40 Prozent der Deutschen Wohnen AG, diese wiederum zu 86,87 Prozent Vonovia. Und Vonovia gehört zu 6,9 Prozent dem Finanzriesen Blackrock.

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