Flüchtlingspolitik: Warum wem "tatsächlich unbürokratisch geholfen" wird

Seite 2: Willkommenskultur mit eindeutig politischen Ambitionen

Nach 2015 rückte die deutsche Politik sehr schnell wieder von ihrer Willkommenskultur ab und kehrte zur knallhart ausgrenzenden Ausländer- und Asylpolitik zurück. Immer wieder gab es Berichte, dass besonders schutzbedürftige behinderte Menschen oder Asylsuchende mit psychischer Erkrankung in Nacht- und Nebelaktionen und mit Fußfesseln abgeschoben wurden.

Nun wird den Flüchtlingen aus der Ukraine tatsächlich – ohne Antragstellung, ohne Feststellung der Personalien etc. – unbürokratisch geholfen. Allerdings liegt der Grund nicht in der Notlage einer Ukrainerin, die mit ihren Kindern auf einem deutschen Bahnhof ankommt. Was Moral und öffentliches Mitleid antreibt, ist vielmehr das Kriegselend, das Putin anrichtet.

Wenn ein Feind des Westens, verschrien als der "neue Hitler", ein bestimmtes Land angreift, greift das Mitleid: bei einem der ärmsten und korruptesten Länder Europas, das die USA, die EU und Deutschland mit Milliardenbeträgen auf den Weg zum Werte-Westen mit Demokratie und Marktwirtschaft gesponsert und zu einem Frontstaat gegen Russland aufgebaut haben.

Wenn Putin hier angreift, ist das ganze Gefüge der westlichen Weltordnung in Unordnung und was Waffen- und Flüchtlingshilfe betrifft, sind keine Grenzen gesetzt! Die ukrainischen Flüchtlinge sind dann die "Opfer des bösen Feindes", der um jeden Preis "ruiniert" gehört (womit übrigens auch sein Volk in Haftung genommen wird).

Erinnert sei an die historische Rolle der Dissidenten - wörtlich jemand, "der mit seiner Herrschaft nicht übereinstimmt"; diese kamen aus der mittlerweile eingemeindeten DDR oder aus der UdSSR und galten als die Kronzeugen für die "Gewaltherrschaft" der "Unrechtsregime", die man damit anprangerte, um das Feindbild zu pflegen.

Flucht in Länder, die den Krieg weiter befeuern

Die blutige Ironie der Geschichte ist, dass die Menschen, die sich den tödlichen Gefahren ausgesetzt sehen und möglichst vor Zerstörung und Gewalt wegzukommen versuchen, dann im Westen landen. Ohne die vom Westen und der Nato schon Jahre vor dem Einmarsch der russischen Armee gelieferten Waffen wäre aber der Krieg gar nicht zustande gekommen.

Jeder Flüchtling gilt natürlich jetzt als "Kronzeuge für die Unmenschlichkeit" Putins. Dazu kommt, dass mit jedem Flüchtling die vielen Fehlurteile über den Krieg und den allein verantwortlichen Diktator verfestigt werden.

Das Elend der Flüchtlinge soll uns zwingen, dem Ruf Selenskijs nach "Waffen, Waffen, Waffen" in noch größerem Maße nachzukommen, um den "Aggressor" zu vertreiben und gleich ganz unschädlich zu machen. Letzteres ist der Zweck dieser immensen Aufrüstungsbemühungen, bloße Flüchtlingshilfe ist es nicht.

Die aktuelle Flüchtlingspolitik ist also "Teil deutscher Kriegspolitik". Sie ist Teil des Krieges gegen den alten Feind Sowjetunion, der seine Wirtschaft als gescheitert angesehen hatte, und des neuen Feindes Russland, der trotz seiner Übernahme marktwirtschaftlichen Wirtschaftens, sich die Feinschaft des Westens zugezogen hat.

Denn aufgrund seiner Atomwaffen meint er, auch Ansprüche an seine unmittelbaren Nachbarn und in der Weltpolitik (Syrien, Mali, etc.) zu haben. Das dulden die früher als Weltpolizist gescholtenen USA nicht. Daher der lange geplante Krieg des Westens gegen seinen Todfeind.

Wie wirkt sich die neue Flüchtlingspolitik auf die Flüchtenden aus?

Freerk Huisken: Deutschland und die Anrainerstaaten der Ukraine haben tatsächlich alle Regeln und gesetzlichen Vorschriften, mit denen sie den sonstigen Flüchtlingen in abweisender Absicht begegnen (Schikanen, Arbeitsverbot, Residenzpflicht, Drittstaatenregelung...), außer Kraft gesetzt. Jetzt gilt der Pass des ukrainischen Flüchtlings praktisch als "Touristenvisum."

Die "Massenrichtlinie", die man geschaffen hatte, um die Flüchtenden aus Jugoslawien abzuwehren, und die nie zur Anwendung kam, wird jetzt für die Ukrainer aktiviert. Manch einer sieht durch diese Flüchtlingspolitik den Frieden im Land gefährdet... Bedenkenträgern fällt dabei gar nicht auf, dass die politische Führung in Deutschland hier Ernst macht, dass sie Krieg führt, zwar noch nicht mit "boots on the ground", sondern nur "from behind", dass es also mit dem "Frieden" auch schnell vorbei sein kann. Das ist keine Spekulation, sondern ein Schluss aus dem Kriegszweck.

Schulkinder: die ukrainische Identität nicht beschädigen!

Noch eine Anmerkung zum Umgang der hilfsbereiten deutschen Nation mit den Flüchtlingen, die hierzulande ankommen oder verwahrt werden. Die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Frau Tübinka, hat die deutschen Kultusminister aufgefordert, dass die geflohenen Kinder aus der Ukraine nicht in "Integrationsklassen" mit Flüchtlingen aus Syrien etc. beschult werden sollen. Denn das würde die "ukrainische Identität untergraben".

Passend dazu abschließend noch eine Meldung aus der Süddeutschen Zeitung vom 27. März: In Bayern sollen Flüchtlinge ihre Unterkünfte verlassen und "Platz machen" für Ukrainer. Es handelt sich dabei um Flüchtlinge aus Afrika oder Nahost, die einer Arbeit nachgehen und schon mehrere Jahre in dem Ort leben, deren Kinder gerade eingeschult worden sind, die Arzttermine in ihrer Umgebung haben etc.

Auch in Berlin, NRW, und sonst wo gibt es ähnliche Vorhaben, den jetzt bevorrechtigten Ukrainern Hilfe zukommen zu lassen. Helfer und Hilfsorganisationen protestieren (Informationen dazu regelmäßig beim Migazin, es gibt Vorwürfe der Diskriminierung, Klagen über fehlende Mittel. Die Vierte Gewalt steht natürlich treu zu ihrem Sorgeobjekt, der Staatsgewalt. "Rassismus möchte man den Behörden … nicht unterstellen", versichert die SZ-Autorin, obwohl sie gerade das Gegenteil, die Tendenz zur Ungleichbehandlung, konstatiert.

Flüchtlingsrassismus, nämlich die Sortierung in Wertvolle und Minderwertige, zu entdecken, die Widersprüche, die sich im humanitären Standpunkt der Hilfe offenbaren, beim Namen zu nennen, Zweifel in die Güte der eigenen Nation zu säen, geschweige denn auf den Tatbestand hinzuweisen, dass "Flüchtlingspolitik als Kriegsbeteiligung" stattfindet, wäre das Letzte, was einem deutschen Journalisten in den Sinn kommt.