Frankreich: "Weiße Stimmen" zählen nicht

Seite 2: Nur Realpolitik hat eine Chance?

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Der frühere Ministerpräsident Valls und andere Macron-Unterstützer argumentieren mit "Realpolitik", übersetzt heißt das, näher an den Wirtschaftsinteressen. Hamon sei in seinen Zielen, die eine enge Verbindung zwischen Ökologie und linker Politik anstreben und als Wahlkampf-Trumpf mit einem Grundeinkommen locken, zu abgehoben. Ohne ins Detail zu gehen: Ähnlichkeiten zur Diskussion in der SPD vor deren Abspaltung sind unverkennbar.

Im Lager der französischen Republikaner hat die Affäre des Kandidaten Fillon Spalttendenzen zwischen solchen, die sich weiter nach rechts, Richtung FN-Themen, orientieren und dem "Mitte-Lager" verschärft. Zwar konnte die Parteiführung den Prozess der Selbstzerlegung kürzlich noch einmal stoppen, indem man erklärte, dass man nun geschlossen hinter Fillon stehe, obwohl viele damit nicht einverstanden waren, dass der durch die Affäre angeschlagene Kandidat stur und narzisstisch an einem Projekt festhält, das nicht mehr so viel Erfolg verspricht wie zu Anfang seiner Kandidatur.

Laut Le Monde brechen die Dissonanzen nun wieder auf, da Parteimitglieder jetzt die Parlamentswahl ins Auge fassen.

Le Pen und die rechtsradikalen Schatten

Auch zu Le Pen gibt es Neuigkeiten, die diejenigen Wähler verunsichern könnten, die der Image-Arbeit der Chefin der rechtsnationalistischen Partei Glauben schenken und davon ausgehen, dass sie mit Marine Le Pen eine Kandidatin wählen, die mit der rechtsextremistischen Vergangenheit der Partei und den verbliebenen Resten der Radikalen in der Partei nichts mehr zu schaffen hat.

Ein Bericht von France Info widmet sich dem Schattenmann Frédéric Chatillon, der im Hintergrund die Wahlkampagne Le Pens leitet. Der Mann hat eine rechtsradikale Vergangenheit und soll nach Aussagen von Nahestehenden und einem früheren FN-Mitglied nach wie vor Überzeugungen pflegen, die dem neuen Image der Partei deutlich widersprechen. Auch von antisemitischen Witzen soll der ausgewiesene Anti-Zionist nicht lassen.

Man darf gespannt sein, ob die Affäre Chatillon von Medien noch weiter ausgespielt wird.

Die Linken sind zu uneins, um die Lage auszunutzen. Wie sich vergangene Woche herausstellte, will Mélenchon nicht zusammen mit Hamon Wahlkampf machen. Er wolle seine Positionen nicht aufgeben, sagte Mélenchon nach einem missglückten Treffen mit Hamon.