Fünfeinhalb Jahre Haft für den Salafisten Sven Lau

Seite 2: Die Vorgeschichte: Keine juristische Handhabe gegen die Aktivitäten des Salafisten-Chefs

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Allerdings gab es juristisch offensichtlich keine hinreichende Handhabe gegen ihn. Mit dem Auftritt der Scharia-Polizei in Wuppertal im September 2014 wurde Lau, der als Initiator der Scharia-Polizei galt, bundesweit bekannt. Die Sache ging vor Gericht. Die "Scharia-Polizisten" wurden freigesprochen.

"Ein Gesetz, das hier gegriffen hätte, gibt es nicht", begründete die Kammer ihr Urteil. Nicht einmal die Polizei habe zunächst einen Anfangsverdacht gegen die Männer gesehen, eine Verurteilung wäre ein Fehler, bei den Mitgliedern der selbst ernannten Religionspolizei liege "kein strafbares Verhalten" vor.

Die Zeit

Das Urteil zur Wuppertaler Scharia-Polizei im November 2016 löste Empörung aus. Als das Auftreten der Scharia-Polizei im September 2014 in der ganzen Republik für Aufmerksamkeit sorgte, wurde auch die Politik wach. Merkel hatte gefordert, entschieden gegen die Scharia-Polizei vorzugehen. Die Enttäuschung darüber, dass Lau gerichtlich nicht zu fassen war, war anscheinend vor allem in dem Raum groß, wo man über Laus Aktivitäten als "Salafisten-Chef" aus der Nähe Bescheid wusste:

In der jüngeren Mönchengladbacher Justizgeschichte dürfte es kein anderes Beispiel geben, bei dem das Vertrauen der Menschen in die Justiz und den Rechtsstaat so nachhaltig beschädigt wurde, wie bei den Einstellungen aller gegen Sven Lau gerichteten Strafverfahren. Womit auch die Aufmerksamkeit verständlich wird, mit der viele Mönchengladbacher den (gestern beendeten, Einf. d.V.) Prozess gegen Sven Lau in Düsseldorf verfolgen. Aus der Perspektive dieser Menschen betrachtet, ist es irrelevant, wofür der ehemalige Mönchengladbacher Salafisten-Chef in Düsseldorf verurteilt würde. Aus der Perspektive dieser Menschen geht es nur darum, ob Sven Lau überhaupt einmal von der Justiz für seine Taten zur Verantwortung gezogen wird.

NRW-Direkt

"Dünne Anklage"

"Menschlich und politisch" sei das Urteil verständlich und berechtigt, schreibt der Kommentator Peter Hemmelrath. Unter dem rechtsstaatlichen Aspekt betrachtet, sei es jedoch "höchst bedenklich". Es wäre ehrlicher gewesen und hätte dem Rechtstaat besser zu Gesicht gestanden, wenn es diese "dünne Anklage" im Düsseldorfer Prozess, der gestern zu Ende gegangen ist, nie gegeben hätte.

Nach Hemmelrath haben Laus Aktivitäten im Mönchengladbacher Raum , darunter auch Gewaltakte, wie auch in Wuppertal zuvor schon genügend Anlass gegeben, dass er sich vor Gericht hätte verantworten müssen,. Hinweise darauf, dass der Prozess und das Urteil gegen Lau auf eigenartige Zeugenaussagen gestützt war, finden sich auch in anderen Berichten, etwa beim Spiegel, der die Anziehungskraft und "Verführer"-Qualitäten des Salafisten herausstellt.

Lau ist ein Verführer, ein Manipulator, ein islamistischer Taschenspieler, der sich lange Zeit dem Zugriff der Justiz entziehen konnte. Das ist nun vorbei.

Spiegel

Erleichterung über das Urteil ist darin zu spüren, aber auch die Unzulänglichkeiten des Verfahrens scheinen durch. Interessant ist die dort geäußerte Beobachtung, dass Lau nach wie vor an seiner Affinität zu den Gewalttätern in Syrien festzuhalten scheint. So "habe er ein ins Gefängnis geschleustes Handy nicht etwa zur Kommunikation mit der Ehefrau oder Familie genutzt, sondern um mit einer jungen Sympathisantin Pläne zu schmieden, wie man sich nach Syrien absetzen könnte".

Das bestätigt einmal das Phänomen, dass vom die vom heiligen Krieg Überzeugten nicht an ihren Überzeugungen rütteln lassen, zum anderen zeigen vor allem die Vorgeschichte und das Verfahren, wie schwer sich der Rechtsstaat mit dem Phänomen "Salafismus" tut.