Für eine Kultur des Friedens

Der Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU Michail Gorbatschow und seine Ehefrau Raisa Gorbatschow nach einem Freundschaftstreffen im Schloss Wawel während eines Besuchs in Polen im Juli 1988. Bild: Boris Babanov / CC BY-SA 3.0

Der Westen hat Fehler gemacht. Putin bekommt man nur an den Verhandlungstisch, wenn man die eingesteht. Was der Realpolitiker Gorbatschow zu sagen hätte über einen möglichen Frieden.

Seit mehr als 2.000 Jahren gilt der altrömische Grundsatz "Wer Frieden will, muss den Krieg vorbereiten". Ergebnis: 2000 Jahre immer wieder Kriege, Massenelend und Millionen Tote. Solange Kriege vorbereitet werden, werden sie auch geführt.

Auch in Deutschland und fast überall wird zurzeit wieder massiv aufgerüstet. Im Ukraine-Krieg heißt das Motto hierzulande überwiegend: "Waffen, Waffen, Waffen". Die Stimmen, die Verhandlungen auch in diesen schwierigen Zeiten fordern, sind noch immer viel zu schwach.

Meist wird sehr apodiktisch gesagt: "Mit Putin kann man nicht verhandeln." Wie aber soll es dann je zu Verhandlungen kommen? Schon Helmut Schmidt und Helmut Kohl haben darauf hingewiesen, dass der Westen Putins Sicherheitsinteressen sträflich vernachlässigt hat.

Weltweit geben wir zurzeit jedes Jahr mehr als 2000 Milliarden Euro für Rüstung aus und lassen zur selben Zeit Millionen Menschen verhungern. In einem Fernseh-Interview hat mir der Friedenspolitiker Michail Gorbatschow mal die Frage gestellt: "Wie könnte die Welt heute aussehen, wenn wir nach 1945 die vielen Milliarden Dollar statt in Rüstung und Kriegsvorbereitung in die Überwindung der Armut und in Bildung gesteckt hätten?"

Fachleute haben heute die Antwort: Ein Zehntel der globalen Rüstungsgelder würde ausreichen, um den Hunger in der Welt zu überwinden, ein zweites Zehntel würde ausreichen, um allen Kinder der Welt endlich eine Schulbildung zu ermöglichen.

Wie wäre es mit dem Motto: "Wer Frieden will, muss den Frieden vorbereiten"? Und wie ginge das konkret und praktisch? Der große Friedensfreund Henning Zierock hat es so formuliert: Unser Bestreben muss sein, den Frieden zu gewinnen und nicht den Krieg. Das heutige Deutschland braucht viel Geld für Schienen und Schulen, für Klimaschutz und Kitas und für viele Sozialwohnungen. So wie fast alle anderen Länder auch. Also Geld für zivile Sicherheitspolitik.

Eine neue Politik beginnt mit neuem Denken. Das hat uns vor über 30 Jahren Michail Gorbatschow erfolgreich vorgemacht, ein Realpolitiker mit Visionen. Weil einer den Mut hatte voranzugehen und in einem Umfeld von Hardlinern auf realisierbare Visionen zu setzen, konnten erstmals in der Menschheitsgeschichte ganze Waffensysteme einfach verschrottet werden. Kontrolliert verschrottet.

Und heute, nachdem der alte Wahnsinn des atomaren Wettrüstens gerade wieder von vorne beginnt? Kein Gorbatschow weit und breit. Aber schon wieder ein Denken in der alten Kriegslogik.

Was wäre ein Atomkrieg, fragte ich den Fachmann Gorbatschow in unserem gemeinsamen Buch: "Kommt endlich zur Vernunft – Nie wieder Krieg". Seine Antwort: "Ein Atomkrieg wäre wahrscheinlich der letzte Krieg der Menschheitsgeschichte, weil es danach keine Menschen mehr gäbe, die noch einen Krieg führen könnten. Gorbi in unserem Buch: "Auch der Westen hat nach 1990 mit der NATO-Osterweiterung große Fehler gemacht."