Fußball-WM: Habeck und die Regenbogen-Armbinden-Fraktion

Bild Robert Habeck: Sandro Halank / CC-BY-SA-4.0 / Bearbeitung: TP

Bundespolitiker fordern von Fußballspielern geschäftsschädigendes Verhalten. Sie selbst riskieren damit nichts. Und sie lenken vom eigenen Unvermögen ab. Ein Kommentar zum deutschen Auftaktspiel in Katar.

Panem et circenses, Brot und Spiele – so versuchten die alten römischen Herrscher der späten Republik das Volk im Zaum zu halten. Die Methode wirkt bis heute. Die Spiele laufen in Katar, heute Nachmittag sogar erstmals mit deutscher Beteiligung. Und sie sind geeignet, von den vielschichtigen wirtschaftlichen und sozialen Problemen abzulenken, in die Deutschland unter dieser Bundesregierung geraten sind.

Das scheint zu funktionieren: Während immer mehr Menschen durch steigende Preise allerorts in wirtschaftliche Probleme geraten, bewegt das Land offenbar nur eines: die Debatte über die Regenbogen-Armbinde der Nationalmannschaft. Ja oder Nein? Wer darf darüber bestimmen? Oder vielleicht doch Regenbogen-Haare? Was sagen die Fifa-Regeln darüber aus? Ist die Fifa gut oder böse (und sollte das nicht längst klar sein)? Oder vielleicht doch Regenbogen-Schnürsenkel?

Die ganze Angelegenheit ist eine skurrile Scheinumkehr des altrömischen Prinzips: Nicht die Spiele stehen im Vordergrund, sondern eine hausgemachte politische Debatte über die Spiele. Womit am Ende doch wieder die Spiele von der montagsdemonstrationswürdigen Realität ablenken. Jetzt raucht Ihnen der Kopf? Es geht einfacher:

Vor allem die Einlassungen Robert Habecks zeigen die, diplomatisch ausgedrückt, Unaufrichtigkeit der neuerdings regierenden Regenbogen-Armbinden-Fraktion, kurz: RAF 2.0.

Der Vize-Kanzler würde, wie wir seit dem gestrigen Dienstag aus dem gebührenfinanzierten Fernsehen wissen, an der Stelle von DFB-Kapitän Manuel Neuer die One-Love-Kapitänsbinde tragen. Und zwar – potzblitz! – trotz der angedrohten Fifa-Sanktionen.

"Ich wäre interessiert zu sehen, was der Schiedsrichter macht, wenn da einer mit der Binde rumkommt", sagte der Wirtschaftsminister in der Nacht zu Mittwoch in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz". "Ich würde es darauf ankommen lassen", so Habeck, "es wäre ein moderater Protest". Es handele sich doch nur um eine Armbinde und nicht um eine "elaborierte" Protestform wie etwa bei den Klimaaktivisten der Letzten Generation.

Ist das diskussionswürdig? Oder, weniger noch, überhaupt glaubwürdig von Habeck? Rückblende, März 2022. Damals war der Grünen-Minister in Katar zu Gast, um infolge der gutmenschlichen Abkehr von dem zum Angriffskrieger mutierten russischen Energieversorger, um Erdgas zu betteln. Und das nicht sinnbildlich: Die tiefdemütige Verbeugung Habecks vor Katars Handelsminister Mohammed bin Hamad Al Thani haben viele noch vor Augen.

Habecks Einlassung: unqualifiziert, moralisch haltlos, rechtswidrig

Was qualifiziert Habeck also nun, den deutschen Fußballern und dem DFB – ungeachtet aller Kritik an dem modernen Sportbetrieb und dem multinationalen Konzern Fifa – eine karriereschädigende Geste abzuverlangen? Nichts! Was berechtigt ihn moralisch zu dieser Kritik? Nichts! Wäre eine solche Order arbeitsrechtlich überhaupt durchsetzbar? Nein!

Die, immer noch diplomatisch ausgedrückt, Unaufrichtigkeit seiner Haltung wird in Leitmedien viel zu wenig debattiert. Auch hier: allüberall Armbinden, aber kaum Kritik an dem grünen Bückling oder der SPD-Innenministerin Nancy Faeser, die in den Tragt-die Binde-Chor einstimmte. Auch sie könnte sich erst einmal um die Menschenrechtsbilanz im eigenen Kompetenzbereich kümmern.

Die sogenannte One-Love-Armbinde war einige Wochen vor Beginn der Fußball-WM der Männer gemeinsam von europäischen Nationalmannschaften beschlossen worden und sollte von den jeweiligen Mannschaftskapitänen getragen werden. Auch die deutsche Nationalelf hatte sich der Entscheidung angeschlossen, mit der gegen die prekäre Menschenrechtslage im Gastgeberland protestiert werden sollte, vor allem gegen die Unterdrückung sexueller Minderheiten.

Am Montag dieser Woche verbot die Fifa das Accessoire allerdings und drohte mit Strafen bis hin zu Gelben Karten. Der DFB erklärte daraufhin den Verzicht auf die Regenbogenbinde. Die PR-Abteilung des DFB riet mutmaßlich zu einem Protestfoto vor Spielbeginn mit zugehaltenen Mündern.

Dass Wirtschaftsminister Habeck die Nationalelf nun aufforderte, die Fifa-Regeln zu brechen, ist übrigens noch aus einem anderen Grund kritikwürdig. Die Positionierung der Bundesregierung zum Thema wird nämlich keine Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Doha und Berlin haben, seine eigene Geschäftsbilanz also.

Das versicherte Energieminister Saad al-Kaabi gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er sei zwar "schockiert", so al-Kaabi, der auch dem Staatsunternehmen Qatar Energy vorsteht. "Die Unternehmen in Deutschland werden hervorragend geführt und wir haben eine großartige Beziehung", fügte er an.

PS: Die deutsche Mannschaft hat das Auftaktspiel gegen Japan 1:2 verloren.

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