Fußball oder Kamel
Wahlen am Hindukusch - Taliban rüsten auf
Am kommenden Sonntag, den 18.September, wird auch in Afghanistan gewählt. Wieder einmal eine "historische Wahl": Nach den Präsidentschaftswahlen im Oktober letzten Jahres (vgl. "Parlament aus Warlords und Druglords") gehen die Afghanen nun zum ersten Mal seit 33 Jahren zur Urne, um ihre Kandidaten für das Unterhaus (Wolsi Jerga) sowie zu den Räten in allen 34 Provinzen zu wählen. Wie schon bei der letzten Wahl ist das große Problem die Sicherheitslage im Land.
Zwar hat der so genannte Taliban-Sprecher Abdul Latif Hakimi Ende August verlauten lassen, dass man keine Wahllokale angreifen würde und kein Interesse daran habe, die Wahlen zu stören, all dies sei nur eine Diffamierung der Taliban durch die Presse. Anschläge auf moderate religiöse Führer und Kandidaten sowie Entführungen, für die sich die Taliban verantwortlich erklärten, sprechen allerdings eine andere Sprache.
Nach einem Bericht der Asia Times konnten sich die Taliban dank der Einnahmen aus dem Drogengeschäft und angeblich guter Beziehungen zum irakischen Widerstand mit besseren Waffen versorgen. So würden immer mehr russische und chinesische Boden-Luft-Raketen ins Land gelangen; für die technische und taktische Ausbildung würden nach Informationen der Zeitung "Elemente des irakischen Widerstands" sorgen.
Zwar werden aus Sicherheitsgründen von der Wahlkommission nicht alle Namen der etwa 6000 (!) afghanischen Kandidaten veröffentlicht, aber die Vorbereitungen zu den Volkskammer- und Provinzrätewahlen erwecken generell den Eindruck, als ob die Bedrohung durch militante Wahlgegner - abgesehen von einigen Regionen im Süden - nicht so stark ist wie zur Präsidentschaftswahl im Oktober 2004.
So will diesmal auch die EU Wahlbeobachter nach Afghanistan schicken; letztes Jahr scheute sie davor zurück (vgl. Deals in Hinterzimmern).
Zwölf Millionen Wähler haben sich bereits registrieren lassen, 40% davon sind weiblich. Ein historisches Novum der Wahl ist, dass diesmal auch Frauen das von der neuen Verfassung garantierte Recht in Anspruch nehmen und kandidieren. Ein Viertel der Sitze im Unterhaus ist für Frauen reserviert, über 580 Kandidatinnen haben sich zu den Parlaments-und Provinzrätewahlen angemeldet. Auch diese Zahlen dokumentieren eine Veränderung im Vergleich zum letztjährigen Wahlgang: Während sich vor knapp einem Jahr beispielsweise nur eine Frau im Desho District der Provinz Helmand dazu entschloss, sich für die Präsidentschaftswahlen zu registrieren, haben sich diesmal dort 1.361 Frauen eingeschrieben.
Da Personen und nicht Parteien gewählt werden, sind die Wahllisten kaum zu überblicken, ("Afghanistans Wähler tappen im Dunkeln"). Weil zudem zwei Drittel der afghanischen Bevölkerung Analphabeten sind, werden die Namen in Symbole übersetzt. So ist es zum Beispiel in Kabul Usus, dass Kamele, Äxte, Mobiltelefone, Fußbälle und Leitern auf den Plakaten prangen.