Gaskrise: Der soziale Zusammenhalt wird brüchig

Bild: ri auf Pixabay

Außenministerin Baerbock will Spaltung der Gesellschaft nicht zulassen. Doch die Gasrechnung könnte sich verdreifachen, warnt die Bundesnetzagentur. Und in einigen Regionen explodiert bereits die Warmmiete.

Nur mühsam füllten sich zuletzt die Gasspeicher in Deutschland – inzwischen wird wieder Gas entnommen. Der Füllstand sank am Mittwoch nach Angaben von Europas Gasinfrastruktur-Betreiber (GIE) zwar nur geringfügig (0,06 Prozent), aber das Signal ist deutlich: Es wird wohl kaum möglich sein, ohne große Einschränkungen über Herbst und Winter zu kommen.

"Es wird jetzt wieder ausgespeichert – allerdings nur in geringem Umfang", sagte eine Sprecherin der Bundesnetzagentur am Donnerstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Angesichts der fehlenden Lieferungen aus Russland bedienten sich die Gasversorger anderweitig. Entweder kauften sie anderswo auf dem Markt ein oder griffen auf die Gasspeicher zurück. Das sei eine Frage des Preises.

Sollte sich dieser Trend verstetigen, wäre eine "Gasmangellage" im Winter kaum noch abzuwenden. Momentan sind die Speicher gerade einmal zu 64,5 Prozent gefüllt; anvisiert ist ein Füllstand von 80 Prozent zum 1. Oktober und 90 Prozent bis zum 1. November.

Dass die "Gasmangellage" schneller als gedacht eintreten könnte, zeigt die aktuelle Kontroverse um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Das russische Außenministerium stellte zwar in Aussicht, dass die Gasversorgung über diese Leitung wieder aufgenommen werden könnte, wenn die Wartungsarbeiten beendet sind. Gleichzeitig weist man auf die westlichen Sanktionen hin, die das verhindern könnten.

Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa sagte am Donnerstag in Moskau: "Was die künftige Arbeit der Gas-Pipeline anbelangt, so wird viel von der Nachfrage unserer Partner abhängen und von illegitimen Sanktionen". Als Beispiel führte sie die Turbine an, die wegen der Sanktionen in Kanada festhing, die aber für den weiteren Betrieb unverzichtbar ist.

Deutsche Politiker interpretierten diese Aussage auf ihre Weise, scheinbar ohne die technischen Details zu beherzigen. Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium und FDP-Präsidiumsmitglied, nannte Sacharowas Aussagen einen untauglichen Versuch, die Sanktionen zu unterwandern. "Wir lassen uns von Putin nicht erpressen", sagte er dem Handelsblatt.

In das gleiche Horn blies auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). In einer Diskussion mit Bürgern in Bremen sagte sie am Donnerstag, es sei ausgeschlossen, dass die Sanktionen gelockert würden. Das würde die Gasversorgung aus Russland nicht sicherstellen, "sondern wir wären doppelt erpressbar". Deshalb werde man die Sanktionen aufrechterhalten und sicherstellen, "dass bei uns die Gesellschaft nicht gespalten wird".

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger schlägt dagegen andere Töne an. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) sagte er mit Blick auf die nächsten Monate: "Dieser Verteilungskampf wird bitter werden". Man wolle natürlich niemanden in der Wohnung erfrieren lassen – aber: "Am Ende können wir die Wirtschaft nicht mit Vollgas an die Wand fahren".

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