Gasumlage: Kuhhandel mit der Atomkraft?

Seite 2: AKW-Sicherheit unwichtig

Unterdessen gehen die ideologischen Scheingefechte um Deutschlands Atomkraftwerke weiter. Besonders Rechtsradikale sind ganz versessen darauf, die drei noch im Betrieb befindlichen Anlagen möglichst lange weiterlaufen zu lassen.

Erwartungsgemäß fand letzte Woche ihr Vorschlag allerdings im Bundestag keine Mehrheit. Die vermeintliche Partei der kleinen Leute hatte per Gesetzesantrag 20 weitere Jahre dranhängen und den Betreibern zugleich eine Entschädigung für den Fall der vorzeitigen Stilllegung zusichern wollen.

Zur Erinnerung: Die Rede ist von den Atomkraftwerken Isar II, Neckarwestheim II und Emsland, die seit 1988 beziehungsweise 1989 am Netz sind. Ausgelegt sind sie für 40 Jahre Betriebszeit, aber am Neckar zeigen sich seit Jahren zunehmend mehr Haarrisse an den Rohren des Kühlkreislaufs und an der Isar wurde kürzlich ein Leck an einem Ventil entdeckt, über dessen Bedeutung die undurchsichtige Informationspolitik von Betreiber und Behörden wenig Aufschluss gibt.

Ist der Vorfall nun relevant oder eher doch nicht? Sicher ist jedenfalls, dass alle drei Anlagen eigentlich 2019 eine turnusgemäße große Sicherheitsüberprüfung hätten durchlaufen sollen. Alle zehn Jahre steht diese an, wurde aber angesichts der baldigen Stilllegung, wie sie das Atomgesetz bisher explizit vorsieht, unterlassen.

Die Unionsfraktion im Bundestag findet das nicht weiter bedenklich. Ein von ihr letzte Woche im Bundestag in erster Lesung behandelter Gesetzentwurf sieht vor, die drei AKW bis mindestens 2024 weiterlaufen zu lassen und die Sicherheitsüberprüfung bis Ende 2023 hinaus zu schieben. Die Bundesregierung hat sich derweil, wie gestern berichtet, mit zwei Betreibern auf einen Reservebetrieb der beiden süddeutschen AKW bis in den April 2023 geeinigt.

Während also Konservative, Rechtsradikale und zunehmend auch wieder Liberale ganz "technologieoffen" auf unsichere, überkommene Großtechnik setzen, wird in Deutschland bereits rund die Hälfte des Stroms von erneuerbaren Energieträgern erzeugt. (Abgesehen von den industriellen Selbstverbrauchern, die meist Gas einsetzen.) Schon jetzt ist 2022 für den Solarstrom ein neues Rekordjahr, wie die Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zeigen. Der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Nettoerzeugung für das öffentliche Stromnetz betrug bisher 50,4 Prozent und war im windreichen Februar mit 60,6 Prozent am größten.

Die Meere steigen

Auf Grönland hat es Anfang September noch mal ein für diese Jahreszeit bisher sehr ungewöhnliches großes Abtau-Ereignis gegeben. Für einige Tage taute es auf fast 40 Prozent der Fläche der Eisinsel herunter, wie unter anderem die Financial Times berichtet, wie aber auch hier in den Daten des US-amerikanischen National Snow and Ice Data Center abzulesen ist. Derlei Ereignisse sind eher aus dem Juli bekannt und im September bisher noch nicht beobachtet worden.

Ansonsten war 2022 für Grönland aber im Vergleich zu den letzten Jahren nicht ungewöhnlich, was allerdings keine gute Nachricht ist. Eine im Fachblatt Nature veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass die Gletscher auf Grönland sich noch lange nicht an das gegenwärtige Klima angepasst haben. Selbst wenn es keine weitere Erwärmung gibt, würden sie noch 3,3 (±0,9) Prozent ihrer Masse verlieren und damit 27,4 ±6,8 Zentimeter zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen.

Klage gegen hohe Tarife

Zum Schluss noch der Hinweis, dass der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) eine Musterfeststellungsklage gegen den Berliner Gasversorger GASAG angestrengt hat, der Betroffene sich ab sofort anschließen können. Die GASAG hatte im Winter 2021 teurere Sondertarife für Neukunden eingeführt.

Dazu Henning Fischer, Referent im Team Musterfeststellungsklagen beim vzbv:

In der Tarifpolitik der GASAG sehen wir eine Diskriminierung der Neukundinnen und Neukunden. Warum sollte ich bei demselben Anbieter in der Grundversorgung zweieinhalb Mal so viel für Gas zahlen müssen wie mein Nachbar, nur weil ich meine Wohnung einen Tag später bezogen habe als er? Mit ihrem Vorgehen hat die GASAG ein Zweiklassensystem erschaffen, das unseres Erachtens unzulässig ist.

Telepolis wird berichten, ob die Gerichte die Sache ähnlich wie die Verbraucherschützerinnen und -schützer sehen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.