Gasversorgung in Europa gefährdet: Algerien droht Spanien mit Lieferstopp

Flansch-Verbindung einer Pipeline; Bild: Wikimedia/CC BY-SA 3.0

Sollte Algerien den Gashahn abdrehen, verschlimmert sich die Versorgungslage in ganz Europa, auch wenn Italien sich weiteres algerisches Gas gesichert hat

Die Energieversorgungslage in Europa schwächelt deutlich, wie auch die Blackout-Probleme zum Beispiel in Frankreich zeigen. Das Land wird unter anderem auch mit Gas- und Kohlestrom aus Deutschland versorgt, es muss an jedem Wochentag viel importieren, derzeit drei Gigawatt.

Auch das Gas muss natürlich importiert werden. Eigentlich hätte Algerien ein stabiler Gas-Lieferant für Europa sein können, um russisches Gas zu ersetzen. Hätte Spanien die MidCat-Pipeline in Katalonien nicht aus politischen Gründen blockiert, könnte schon algerisches Gas längst auch nach Deutschland fließen.

Deutschland macht derzeit Druck, um das Projekt wieder aufzunehmen, allerdings ist unklar, ob überhaupt weiter Gas aus Algerien nach Spanien fließt, da Spanien seinen bisher größten Gaslieferanten immer stärker brüskiert.

Denn eine völlig verfehlte spanische Politik verhindert, dass freie Lieferkapazitäten aus Algerien genutzt werden können, das seine Förderung massiv ausbauen will. Die Zuspitzung des Konflikts mit Algerien führt nun dazu, dass Gaslieferungen in Richtung Spanien jetzt sogar komplett zur Disposition stehen. Denn die ehemalige Westsahara-Kolonialmacht hat Algerien mit der Unterstützung der marokkanischen Pläne für die illegal besetzte Westsahara brüskiert.

Eskalierender Konflikt

Deshalb droht Algerien Spanien nun mit einem Gaslieferstopp. Der Konflikt eskaliert seit Monaten. Viel spricht derzeit dafür, dass es real zum Lieferstopp kommt. Der käme für die EU angesichts des russischen Lieferstopps für Polen und Bulgarien zur Unzeit.

Um zu verstehen, warum Algeriens Energieminister Mohamed Arkab vergangene Woche die Drohung mit dem Stopp der Gaslieferungen per E-Mail nach Spanien übermittelte, müssen wir etwas zurückschauen.

Wegen neu entflammter Kriegshandlungen vor 18 Monaten, um nach fast 30 Jahren Waffenruhe die Besetzung der Westsahara zu beenden, spitzte sich auch der Konflikt zwischen Marokko und Algerien zu. Das autokratische Königreich bezeichnet Algerien als "wahre Konfliktpartei", da Algier weiter die Hände schützend über die Westsahara-Befreiungsfront Polisario hält.

Die Sahrauis hatten drei Jahrzehnte auf die Umsetzung des im Waffenstillstandsvertrag vereinbarte Unabhängigkeitsreferendums gewartet, welches eine Mission der Vereinten Nationen (UNO) überwachen sollte. Die Abstimmung wurde aber von Marokko systematisch hintertrieben. Es hält die Westsahara auch gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats besetzt und bietet nur eine begrenzte Autonomie als "Lösung" an.

Die wird inzwischen auch vom Bundesaußenministerium goutiert, das nun von Annalena Baerbock wird. Die Politiker, die immer gefährlichere Waffen zur Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts der Ukraine fordern, tun nichts, das der Sahrauis zu schützen, wobei die Völkerrechtslage in dem Fall völlig klar ist.

Wegen der Eskalation in der Westsahara erneuerte Algerien nach 25 Jahren einen Gas-Liefervertrag mit Marokko nicht. Deshalb fließt nach einem marokkanischen Drohnenangriff in Algerien seit vergangenem November auch kein Gas mehr über die Maghreb-Europa-Pipeline über Marokko nach Spanien und Portugal. Diese Lieferausfälle können über die direkte Medgaz-Pipeline trotz einer Kapazitätsausweitung aber nicht kompensiert werden.

Provokation mit Maghreb-Europa-Pipeline

Spanien will nun aber wegen eines "Notrufs" aus Marokko die Maghreb-Europa-Pipeline in umgekehrter Richtung nutzen, um den extremen Gas-Notstand in Marokko zu lindern und die "Energiesicherheit" dort sichern. Das treibt Algerien nun auf die Barrikaden, da der Notstand die Antwort auf das aggressive Kolonialverhalten Marokkos ist.

Sollte nur ein einziges algerisches Gasmolekül nach Marokko gelangen, werde Algerien auch den Gashahn nach Spanien komplett abstellen, droht Algier. Gas, dass nach Spanien geliefert wird, "deren Bestimmungsort nicht der in den Verträgen festgelegte ist, wird als Verstoß gegen die vertraglichen Verpflichtungen angesehen und könnte folglich zum Bruch des Vertrags zwischen Sonatrach und ihren spanischen Kunden führen", warnte Algerien eindringlich.

Die Fronten verhärten sich zusehends, seit ausgerechnet das von Sozialdemokraten regierte Spanien den Weg des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump beschreitet und sich voll auf die Seite Marokkos schlägt.

Dass gegen das Völkerrecht nun faktisch die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkannt wurde, hat aber mit dem linken Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) den Unterstützer der Minderheitsregierung verstört, die wie im Comic längst über dem Abgrund hinausgelaufen ist, das nur noch nicht realisiert hat, dass der Sturz unvermeidlich ist.

Die Drohungen Algiers befördern den Vorgang. Spanien ist schon kein bevorzugter Partner Algeriens mehr. Das Land muss schon deutlich höhere Gaspreise an den Lieferanten bezahlen, von dem es bis ins letzte Jahr noch etwa 40 Prozent seiner Gasimporte erhielt, die nun zum Teil schon über noch teureres und extrem dreckiges Fracking-Gas aus den USA kompensiert wird. Der weltgrößte Gasproduzent USA reibt sich natürlich über diese Entwicklung die Hände.