Gegen Mindestlohn, Kampfflugzeuge aus Schweden und Pädophile, die mit Kindern arbeiten

Und für eine medizinische Grundversorgung, die sich an Hausärzten orientiert - Die Schweizer hatten heute eine Menge direkter Demokratiearbeit zu erledigen

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Gleich zu vier Entscheidungen mit einiger politischer Tragweite konnten heute die Schweizer direkt abstimmen. Es ging um den Mindestlohn, um den Kauf von schwedischen Kampfjets, ob es Pädophilen künftig nicht mehr erlaubt sein wird, mit Kindern zu arbeiten und um die medizinische Grundversorgung.

Nach vorliegenden amtlichen Endergebnissen gab es in der Abstimmung zum Bundesgesetz über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen (Gripen-Fonds-Gesetz) ein Ergebnis, das von Medien als Überraschung eingestuft und groß an der Frage aufgehängt wird, ob die Sicherheit der Schweiz nun gefährdet sei (vgl. Ist die Schweiz noch sicher?).

53,4 Prozent stimmten gegen den Kauf von 22 Gripen-Kampfflugzeugen aus Schweden. 3,1 Milliarden Franken hätte das Geschäft mit dem Hersteller Saab ausgemacht. Angesichts der 46,6 Prozent Ja-Stimmen fiel das Ergebnis einigermaßen knapp aus, weswegen die enttäuschten Militärs und andere Unterstützer der Aufrüstung in der medialen Aufbereitung der Frage einerseits Gründe für die Ablehnung suchen - der Flugzeugtyp sei zu kritisch dargestellt worden. Und andrerseits die Hoffnung schöpfen, dass die Abstimmung keine grundsätzliche Stoßrichtung gegen die Schweizer Verteidigungsanstrengungen bedeute, sondern nur ein Veto gegen Gripen sei.

Auch in Schweden verfolge man dieses Abstimmungsergebnis gebannt, berichtet der Tagesanzeiger: "Zahlreiche Arbeitsplätze stünden dann auf dem Spiel. Und auch die Gripen-Deals mit Brasilien und Tschechien würden im Falle eines Neins unsicher."

Interessant ist die Anmerkung, dass die Abstimmung anders ausgefallen wäre, wenn es sich um eine Initiative gehandelt hätte, da die Mehrheit der Stände sich für den Kauf der Jets ausprach.

Nein zum Mindestlohn

Keine Überraschung war das Nein zur Mindestlohninitiave. Die Niederlage der Volksinitiative "Für den Schutz fairer Löhne (Mindestlohn-Initiative)" fiel sehr deutlich aus. Nur 23,7 Prozent stimmten laut vorläufigem Endergebnis für einen Mindeststundenlohn von 22 Franken in der Stunde, bzw. von 4.000 Franken im Monat bei einer Vollzeitbeschäftigung.

Der Mindestlohn sieht aus deutscher Perspektive üppig aus, allerdings sind die Lebenshaltungskosten in der Schweiz höher. Das gängige Argument der Unternehmer, dass damit die Wettbewerbsfähigkeit stark gefährdet wäre, hat offensichtlich verfangen. Der Präsident des Wirtschaftsdachverbandes economiesuisse Heinz Karrer erklärte zufrieden, dass man "in den letzten Wochen aufzeigen [konnte], dass die Initiative vor allem Arbeitnehmern mit tiefen Löhnen schadet".

Für den Schweizer Gewerkschaftsbund (SGB) ist das Ergebnis eine Niederlage, die laut ersten Stimmen schwer zu verarbeiten sein wird.

"Einschlägig vorbestrafte Pädosexuelle sollen nie wieder mit Kindern arbeiten dürfen"

Bei der Initiative, bei der die Bürger darüber abstimmten, ob "Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen", fiel das Ergebnis auch sehr eindeitig aus. 63,5 % Prozent bejahten das Volksbegehren, das von Organisation Marche Blanche vorgebracht wurde (36,5 Prozent Nein-Stimmen). Demnach wird vom Gesetzgeber verlangt, dass er dafür sorgt, dass "einschlägig vorbestrafte Pädosexuelle nie wieder mit Kindern arbeiten dürfen". Laut NZZ sind hier "knifflige Probleme bei der Umsetzung" zu erwarten.

Schließlich stimmten die Schweizer auch über einen Bundesschluss zur medizinischen Grundversorgung ab, mit einem sehr klaren Ergebnis: 88 % stimmten für "ja" und nur 12 Prozent sprachen sich dagegen aus. In der Abstimmung ging es darum, die medizinische Grundversorgung in der Verfassung zu verankern; die Rolle der Hausärzte soll gegenüber "Spezialmedizin und Spitäler" gestärkt werden, heißt es dazu in der NZZ.