Gelächter und scharfe Diskussionen
Das umstrittene Trio Infernale der Menschen-Klonerei gab sich am Dienstag in Washington ein Stelldichein
Der italienische Frauenarzt Severino Antinori, sein US-Kollege Panayiotis Zavos und die Wissenschaftsdirektorin Brigitte Boissellier von "Clonaid", einem Unternehmen der Raelianer-Sekte, stellten sich am Dienstagnachmittag (Ortszeit) auf Einladung der amerikanischen Akademie der Wissenschaften (NAS) den kritischen Fragen von Medizin-Wissenschaftlern. Teils erntete das Trio Infernale, das von dem 56-jährigen Antinori mit dem markanten Schnurrbart - Spitzname "Mister Miracle" - geleitet wurde, Gelächter, teils gingen Frage und Antwort in Wortgefechten unter. Denn der mediensüchtige Antinori und seine Mitstreiter konnten das Versprechen, Details ihrer Pläne zum Klonen von Menschen zu verraten, nicht einhalten.
Antinori, Davos und Boisselier hatten im Vorfeld der eintägigen Tagung behauptet, über das nötige Wissen zum Klonen zu verfügen und im November diesen Jahres das erste geklonte Baby herstellen zu können. Wissenschaftlich wird das Klonen definiert als die Produktion genetisch identischer Lebewesen mit biotechnischen Methoden.
In Italien stünden bereits 200 Paare für Klonexperimente bereit, sagte Antinori, das Klonen sei kein Kunststück und lediglich ein Mittel gegen männliche Unfruchtbarkeit. Er werde das therapeutische Klonen nutzen, um mit embryonalen Stammzellen Verletzungen und Krankheiten zu heilen (200 Paare wollen ein Klonkind).
Auch die wissenschaftliche Direktorin der kanadischen Raelianer-Sekte, die mit großem Werbeaufwand eine Klonfirma namens "Clonaid" betreibt, will innerhalb eines Jahres Klone von Menschen herstellen (Ansichten eines Clowns). Die Raelianer sind der festen Überzeugung, dass außerirdische Wissenschaftler Menschen erschaffen haben, ja dass diese Klone seien. Die Klonerei sei notwendig "für das ewige Leben", hatte Boisselier zu Protokoll gegeben. Die Firma will auf den Bahamas Menschen herstellen und musste sich zuvor gegenüber der amerikanischen Aufsichtsbehörde FDA verpflichten, keine Klonversuche in der USA durchzuführen. "Clonaid" bietet kinderlosen Paaren Klon-Babies zum Preis von 200.000 Dollar an aufwärts an. Die Sekte erlitt einen Rückschlag, als der US-Anwalt Mark Hunt sein Angebot zurückzog, den Raelianern ein Klon-Labor im Bundesstaat West Virginia mit einer halben Million Dollar zu finanzieren. Hunt hatte Boisselier beauftragt, seinen verstorbenen kleinen Sohn aus eingefrorenen Zellen zu klonen.
Vor der NAS kritisierten namhafte Wissenschaftler das "Klon-Programm". Der aus Deutschland stammende Biologe Professor Rudolph Jaenisch sagte, derzeit gebe es "keine Möglichkeit, aus geklonten Embryonen normale Individuen entwickeln zu können". Und der schottische Klon-Pionier und "Vater" des Schafes Dolly, Ian Wilmut von Roslin-Institut in Edinburgh, verwies auf die extrem hohe Sterblichkeitsrate beim Klonen von Tieren. Laut Wilmut verenden mehr als 90 Prozent der geklonten Embryonen im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Auch "sein" Schaf war der einzige geglückte von 277 Versuchen.
Da immer mehr Länder das Klonen menschlicher Embryonen verbieten, erwägt "Mister Miracle", demnächst auf ein Schiff in internationalen Gewässern auszuweichen. Sich selbst zu klonen, lehnte Antinori, der sich gerne mit Galileo Galilei vergleicht, in einem Interview vor kurzem allerdings als "dumme Idee" ab.
Die NAS hatte zur Tagung nach Washington geladen, um über den jüngsten Stand der umstrittenen Medizin-Technologie zu berichten. Die Akademie wird im September, wenn der US-Kongress aus seiner Sommerpause zurückgekehrt ist, einen Bericht über das Pro und Contra des Klonens veröffentlichen und ihn dem Kongress vor einer endgültigen Entscheidung über ein mögliches Klon-Verbot vorstellen. Am 1. August hatte das Repräsentantenhaus das Klonen verboten (Ist Klonen von Menschen ein Menschenrecht oder einfach unverantwortlich?). Die Abstimmung im US-Senat steht noch aus.
Den Auftritt der umstrittenen Klonforscher - und Geschäftsleute - als Marginalie und bloßes Medienspektakel abzutun, wäre allerdings verfehlt. Denn die Einladung vor die NAS zeigt, wie diskutabel die Geschäftemacherei mit menschlichen Körperteilen, und nichts anderes ist das Erbgut, geworden ist. Die amerikanische Tierklon-Firma "Infigen" etwa veröffentlichte am 7. August eine Erklärung, in der sie das Klonen von Menschen "nur aus gesetzlichen, moralischen und ethnischen Gründen" ablehnt. 77 Prozent ihrer Klon-Schafe, - Schweine und -Kühe seien gesund, behauptet die Firma. Technisch und finanziell gesehen ist das Klonen von Menschen aus dieser Sicht also durchaus machbar und erwünscht.