Generalbundesanwaltschaft weist Strafanzeigen wegen Syrien-Einsatz der Bundeswehr ab

Seite 2: "Gute Gründe" für die "militärischen Maßnahmen"

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Jetzt kam die Antwort des Generalbundesanwalts mit der wenig überraschenden Abweisung der Klage. Die Rede ist davon, dass "zahlreiche Strafanzeigen" eingereicht worden seien. Man habe den Sachverhalt "umfassend geprüft", aber keine Ermittlungen eingeleitet, "weil zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat fehlen". Die Begründung ist zumindest interessant. Die Vorbereitung eines Angriffskriegs ist verfassungswidrig. Man müsse dabei aber "die historischen und systematischen Hintergründe einschränkend" interpretieren, die aber nicht näher ausgeführt werden. Gesagt wird lediglich, dass "eine offenkundige und schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts" vorliegen müsse. Völkerrechtliche Maßstäbe und Beurteilungen seien aber für eine strafrechtliche Würdigung nicht "präjudiziell", reichen also nicht aus.

Kernpunkt der Argumentation ist, dass sich der Einsatz der Bundeswehr nicht gegen die syrische Regierung richtet, was ein Angriffskrieg wäre, sondern lediglich gegen eine "nicht-staatliche Konfliktpartei" in einem "nicht mehr durch den syrischen Staat kontrollierten Gebiet". Das könne man nicht als Angriffskrieg bezeichnen, was hieße, dass überall dort, wo sich Aufständische festgesetzt und eine Regierung (vorübergehend) die Kontrolle verloren haben, militärische Einsatz vom Ausland nicht gegen das Völkerrecht verstoßen würden und nicht als Angriffskriege zu rechtfertigen wären.

Um diese Blanko-Rechtfertigung einzuschränken, wird als Legitimation noch hinzugefügt, dass der Krieg ja nicht von einem einzelnen Staat geführt wird, sondern von "einer breiten Allianz von mehr als 60 Staaten". Ob dies dann auch noch so gesehen würde, wenn etwa Russland oder China eine "breite Allianz" in einen Krieg führen? Und es wird noch erklärt, dass der deutsche Beitrag doch keine "kriegerische Aggression" sei, schließlich werden ja nur Kampfflugzeuge betankt oder See- und Luftraumüberwachung und Aufklärung" betrieben, was offenbar nicht als Beihilfe gewertet werden soll.

Die Generalbundesanwaltschaft lässt sich auf eine Diskussion über das Recht auf kollektive Selbstverteidigung oder die UN-Sicherheitsrat-Resolution lieber erst gar nicht ein, sondern erklärt nur, dass aus dieser Hinsicht nicht näher ausgeführte "gute Gründe" für die "militärischen Maßnahmen" gebe. Zitiert wird hingegen zustimmend der Antrag der Bundesregierung, dass der IS "eine globale Bedrohung für Frieden und Sicherheit darstellt", was der Anschlag auf Frankreich gezeigt habe. Die Bundesregierung habe auch betont, dass der Militäreinsatz "in einen breiten politischen Ansatz" eingebettet sei. Davon sieht man zwar nicht viel, aber wenn man eine Kriegseinsatz in einen "breiten politischen Ansatz" einpackt, der von einer "breiten Allianz" getragen wird, dann ist schon alles in Ordnung, während im Prinzip das Völkerrecht und die Vereinten Nationen beiseite gestellt werden können. Und so kommt die Generalbundesanwaltschaft zu dem für die Bundesregierung wieder einmal positiven Schluss: "Ein derartiger multinationaler, defensiv ausgerichteter und von vielfältigen politischen Initiativen flankierter Militäreisatz wird vom Straftatbestand des § 80 StGB nicht erfasst."