Gershkovich und Assange: Wann Journalismus ein Verbrechen ist – und wann nicht
- Gershkovich und Assange: Wann Journalismus ein Verbrechen ist – und wann nicht
- Assange-Anklage: Gefährliche Kollateralschäden
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Dem Reporter vom Wall Street Journal droht ein Spionageprozess in Russland. Biden und die EU sind empört, verlangen die sofortige Freilassung. Und was ist mit Assange?
US-Präsident Joe Biden appelliert eindringlich an Russland, den inhaftierten Journalisten des Wall Street Journal, Evan Gershkovich, wieder freizulassen. Beim Presse-Dinner im Weißen Haus am Wochenende verlangte er, den Schutz für die freie Presse überall zu stärken. Und er fügte hinzu:
Unsere Botschaft heute Abend ist folgende: Journalismus ist kein Verbrechen.
"Die freie Presse ist ein Pfeiler – vielleicht sogar der Pfeiler – einer freien Gesellschaft, nicht ihr Feind", sagte Biden gegenüber den versammelten Reportern, Redakteuren, Fernseh- und Radiomoderatoren.
Sie ermöglicht es normalen Bürgern, Autoritäten zu hinterfragen – und ja, auch über Autoritäten zu lachen –, ohne Angst oder Einschüchterung. Das ist es, was diese Nation stark macht. Lassen Sie uns also heute Abend uns selbst und der Welt unsere Stärke zeigen, nicht nur durch das Beispiel unserer Macht, sondern durch die Macht unseres Beispiels.
Auch die Sprecher der Republikaner und Demokraten im US-Senat verlangen in einem gemeinsamen Aufruf, Gershkovich umgehend freizulassen, und postulieren ebenfalls: "Journalism is not a crime".
Der Reporter Evan Gershkovich wird von Russland der Spionage beschuldigt. Er wurde in Jekaterinburg bei Ermittlungen gegen die Wagner-Gruppe verhaftet. Ihm droht ein Prozess, der mit einer Gefängnisstrafe von zwanzig Jahren enden könnte. Sein Antrag auf Aufhebung der Untersuchungshaft wurde abgelehnt, während man ihm einen Besuch von Vertretern des US-Konsulats verweigerte.
Gershkovich und das Wall Street Journal haben die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Die USA stellen fest, dass seine Festnahme "absolut illegal" sei. Russland behauptet hingegen, man habe den US-Journalisten auf "frischer Tat" ertappt, Beweise für diese Behauptung sind aber nicht vorgelegt worden.
Auch in anderen Ländern reagiert man empört auf die Verhaftung von Gershkovich. Mehr als 40 westliche Länder fordern Russland auf, Gershkovich freizulassen und das "drakonische Vorgehen gegen die freie Meinungsäußerung, auch gegen Mitglieder der Medien", zu beenden.
So erklärte Josep Borrell, Vizepräsident der EU-Kommission, auf Twitter, die EU verurteile die Inhaftierung des Korrespondenten des Wall Street Journal in Russland:
Journalisten müssen ihren Beruf frei ausüben können und verdienen Schutz.
Borrell warf Moskau vor, die Medienfreiheit zu missachten.
Das alles sind berechtigte Verurteilungen und Forderungen. Denn Journalisten müssen geschützt werden vor staatlicher Verfolgung und Einschüchterung. Überall auf der Welt.
Aber die USA, die sich jetzt empören, sind zugleich diejenigen, die in einem anderen prominenten Fall selbst seit vielen Jahren einen Journalisten wegen angeblicher Spionage unerbittlich verfolgen, ihn in einem ausländischen Gefängnis festhalten lassen, seine Auslieferung verlangen und ihn in den Vereinigten Staaten anklagen wollen. Viele westliche Staaten lassen das geschehen, verweigern Schutz und Asyl oder assistieren den USA.
Die Rede ist natürlich von Julian Assange, dem Mitbegründer von Wikileaks. Dabei wird ihm nicht einmal vorgeworfen, für einen ausländischen Staat bzw. Geheimdienst gearbeitet zu haben.