Gesundheitspolitik: Wird der Notarzt demnächst noch rechtzeitig bei Ihnen ankommen?
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Reform des Gesundheitswesens: Weniger Krankenhäuser in Zukunft bedeuten auch, dass das Rettungswesen schneller und effizienter werden muss. Woran das zu scheitern droht.
Das deutsche Rettungswesen muss effizienter werden. Die historisch gewachsenen regionalen Strukturen sind intransparent und ineffizient, zudem ist die Finanzierung oft nicht gesichert. Das birgt eine erhebliche Gefahr: Sinkt die Effizienz der Rettungsdienste, drohen die zuletzt rückläufigen Todeszahlen auf deutschen Straßen wieder zu steigen.
Daher gilt eine Reform des bundesdeutschen Rettungswesens, wie die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung mitteilt, als dringend nötig. Ziel ist, die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu verbessern und nachhaltig wirtschaftlicher zu werden.
Der GKV-Spitzenverband, die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland, hofft nun bei der anstehenden Reform der Rettungsdienste auf ein "Ende des Flickenteppichs". Die Vorschläge würden einen "guten Aufschlag" machen, besonders dort, wo sie für den Rettungsdienst eine bundesweit einheitliche Struktur anstreben.
Endlich sollen in den Leitstellen einheitliche digitale Systeme genutzt und länderübergreifende Qualitätsanforderungen eingeführt werden.
Ein wichtiger Punkt für eine bessere Versorgungssteuerung ist die geplante Vernetzung der Rufnummern 112 und 116117 zu einer gemeinsamen Notfallleitstelle – damit Patientinnen und Patienten nicht nur schnelle, sondern auch die richtige Hilfe bekommen. Dazu gehört es auch, in Echtzeit die verfügbaren Ressourcen und Auslastung der Krankenhäuser transparent zu machen.
Die angestrebte Trennung der Finanzierung der Notfallversorgung vor Ort und des Transportes ins Krankenhaus ist richtig, um die Notaufnahmen von weniger schweren Notfällen zu entlasten. Der Vorschlag, die Betriebskosten des Rettungsdienstes in leistungsbezogene Finanzierung und Vorhaltefinanzierung aufzuteilen, entspricht den aktuell ausgearbeiteten Vorschlägen zur Krankenhausreform.
Bedingungen für eine Vorhaltefinanzierung durch die gesetzliche Krankenversicherung sind aber Mindestanforderungen, zum Beispiel an die Qualität der Leitstellen und die Größe ihres Versorgungsgebietes. Insbesondere zu begrüßen ist, dass die Krankenkassen zukünftig an der Verhandlung der Entgelte beteiligt werden sollen.
Gkv-Spitzenverband
Allerdings: Wenn man diese Forderungen mit anderen permanenten Problemen des Gesundheitswesens vergleicht, etwa der seit Jahren bestehenden Situation bei den Rabatt-Verträgen der Gesetzlichen Krankenkassen für Medikamente, muss man die Transparenz-Vorstellungen hinterfragen.
Historisch gewachsener Flickenteppich
Das deutsche Rettungswesen hat viele Ursprünge und geht in vielen Fällen auf die Versorgung von Kriegsverletzten zurück. Vorbilder dafür waren die Ambulanzwagen der französischen Armee in der Mitte des 18. Jahrhunderts. An dessen Ende wurde die Rettung von Menschen aus Lebensgefahr in einzelnen deutschen Ländern zur Pflicht jedes Bürgers erklärt.
Etwa hundert Jahre später hatten die meisten deutschen Großstädte ein organisiertes Krankenbeförderungswesen. Mit der Durchführung waren private Unternehmen, zivile Samaritervereine, Einheiten des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) oder der Feuerwehr beauftragt.
1943 wurde durch einen ″Führer-Erlass″ der Versuch einer Vereinheitlichung des Krankentransportwesens in Deutschland gemacht, das vom Roten Kreuz übernommen werden sollte. Mit dem Ende der NS-Zeit war dieser Versuch gescheitert.
Die Ampelregierung wagt jetzt einen neuen Anlauf.
Todesfalle motorisierter Verkehr
War die Aufgabe der Notfallrettung und somit auch der Krankentransporte in den westlichen Besatzungszonen vielfach zuerst den Kommunen übertragen worden, die sie auf ihre Feuerwehreinheiten übertrugen, folgten dort, wo die Kommunen diese Aufgaben nicht übernehmen konnten oder wollten, das Deutsche Rote Kreuz, die Malteser und die Johanniter als Aufgabenträger. Später wurden dann verstärkt Konzessionen an Privatunternehmer vergeben.
Die zunehmende Dichte des Straßenverkehrs führte dann etwa ab Ende der 1950er-Jahre zu steigenden Unfallzahlen. Neue Erkenntnisse bei der Behandlung von Notfallpatienten und verbesserte Geräte- und Fahrzeugtechnik überforderte die Finanzkraft der Retter. In der Öffentlichkeit wurde diese Entwicklung als Rettungsnotstand bezeichnet.
Auch private Initiativen wie die Björn-Steiger-Stiftung, die sich seit 1969 der Verbesserung der Notfallhilfe annahm und zur Finanzierung einer flächendeckenden Rettungsinfrastruktur beitrug, sorgten für eine deutlich bessere Verfügbarkeit im Rettungswesen.
Die Zahl der Verkehrstoten war mit der Verbesserung des Rettungswesens trotz steigender Verkehrszahlen von 21.332 im Jahre 1970 auf 3.368 im Jahre 2014 zurückgegangen.
Finanzierungsprobleme bei den Rettungsdiensten
Dieser positiven Entwicklung stehen jedoch zunehmende Finanzierungsprobleme im Rettungswesen gegenüber. Nicht überall gibt es für die Einheiten des Roten Kreuzes Geldquellen wie den Zentralen Omnibusbahnhof in München.
Zwar haben sich die Rettungsdienste vielfach in übergreifenden regionalen Rettungsleitstellen organisiert. Ob es jedoch bundesweit wirklich noch mehr als 230 Leitstellen benötigt, ist beim Senken der Infrastrukturkosten die große Frage.
Die Bundespolitik will jetzt mit einer Reform des Rettungswesens den bundesweiten Flickenteppich beenden. Zudem ist die Kommunikationstechnik in Zeiten der Videokommunikation nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Kommunikationstechnik.
Zu den Problemen der bundesdeutschen Rettungsdienste zählen offensichtlich auch Rufe, die nicht zu einem Transport in ein Krankenhaus führen und daher von der Kasse des vermeintlichen Patienten auch nicht bezahlt werden.
Nur wenn man diesem eine missbräuchliche Alarmierung nachweisen kann, muss dieser die Kosten für diese selbst tragen. Wie oft diese Fehlfahrten in der Praxis vorkommen, wurde bislang noch nicht flächendeckend sicher ermittelt.
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