Globale Angriffs- und Zerstörungskapazität
Das Pentagon wünscht sich eine mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit fliegende Drohne, um ungehindert schnell überall auf der Erde vom US-Territorium aus Ziele angreifen zu können
Zusammen mit der US Air Force hat die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), die Forschungsabteilung des Pentagon, wieder einmal ein ehrgeiziges Entwicklungsprojekt ausgeschrieben (Drohnen mit Nuklearantrieb?). Nach der "Vision" der US-Regierung soll bis 2025 mit einer mit Überschall fliegenden Drohne die Möglichkeit bestehen, innerhalb von zwei Stunden überall auf der Erde militärisch zuschlagen zu können. In wenigen Jahren soll aber als Vorstufe schon eine Trägerrakete realisiert sein, mit der sich 500 Kilogramm Bomben aus großer Höhe auf ein Ziel richten lassen.
Gewünscht wird vom Pentagon ein System, mit dem sich "effektiv und erschwinglich reaktive und flexible globale Angriffsmissionen" in weniger als zwei Stunden vom US-Territorium ausführen lassen. Zweck dieses Systems mit dem Namen FALCON (Force Application and Launch from the Continental US) ist es, die Notwendigkeit von teuren Militärstützpunkten überall auf der Welt zu reduzieren, die es dem Pentagon bislang ermöglichen, "sofort und entschieden auf destabilisierende oder bedrohende Aktionen von feindlichen Ländern und Terrororganisationen zu reagieren".
Das geplante FALCON-Systen soll neben der permanenten Abschreckung natürlich auch präventiven Zwecken und dem Einsatz in Kriegen dienen, um beispielsweise die Luftabwehr oder tiefliegende Bunker zu zerstören. Man hofft damit, eine "no-win taktische Abschreckung" zu besitzen, so dass der Gegner keine Chance besitzt, die amerikanische Lufthoheit stören zu können. Die Kriege in Bosnien, Afghanistan und im Irak hätten die Möglichkeiten und Grenzen der US-Luftwaffe demonstriert, militärische Ziele zu bombardieren. Man sei zwar fortgeschritten bei der Zielidentifikation und bei Präzisionsbombardierungen, aber es gäbe noch Mängel bei zeitabhängigen Zielen und bei tief unter der Erde befindlichen Bunkeranlagen. Ein Problem sei auch, dass die "gegenwärtigen und künftigen internationalen politischen Bedingungen" die Möglichkeiten einschränken, jeder Zeit global außerhalb der USA solche Ziele anzugreifen. Dazu kommt noch die Begrenzung der Geschwindigkeit der existierenden Bomberflotten und die körperlichen und emotionalen Belastungen für die Bomber-Crews bei langen Flügen.
FALCON soll also dem Bestreben der USA dienen, ungehindert von allen anderen Staaten jeder Zeit schnell und überall auf der Erde mit konventionellen Bomben Ziele zerstören zu können. Dazu soll bis 2025 ein mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit fliegendes autonomes Flugzeug, ein "reusable hypersonic cruise vehicle" (HCV), einsatzbereit sein. Die wiederverwendbare, flugzeugähnliche Drohne, die so schnell fliegen muss, dass sie vom Start weniger als zwei Stunden von einem normalen Militärflugplatz in den USA bis zum Einsatzort in einer Entfernung bis zu 16000 Kilometer benötigt, muss zudem eine Last von 6.000 kg befördern können. Die Regierung, so heißt es in der Ausschreibung, ist daher verständlicherweise interessiert an innovativen Konzepten.
Doch man ist sich klar, dass für dieses anspruchsvolle Ziel mehr als 20 Jahre Entwicklungszeit benötigt werden. Daher greift man bei der DARPA zu einem innovativen Konzept des Pentagon, das derzeit überall für die technologische Entwicklung verwendet wird. Auch wenn die konservativen und vor allem fundamentalistisch-christlichen Kreise mit der biologischen Evolutionstheorie hadern, so wird die evolutionäre Entwicklung für das Pentagon zu einem Begriff, um neue Waffensysteme wie das Raketenabwehrschild, die viele Jahre Forschungs- und Entwicklungszeit erfordern und bei Fertigstellung womöglich schon veraltet sind, problemloser im Kongress durchsetzen zu können. Die Idee ist freilich ganz realistisch, aber wohl eher ein Wunsch. Es gibt langfristige Ziele, die aber schnell zumindest ansatzweise schon zur Verfügung stellen sollen. Also entwickelt man erst einmal aufrüstbare Grundtechnologien, die dann fortwährend ergänzt und verbessert werden können, um stets auf dem neuesten Stand der Technik zu sein.
Als Übergangslösung bis zur Fertigstellung des HCV, die aber bereits eine globale Einsatzfähigkeit garantiert, stellt man sich bei der Darpa die Entwicklung einer billigen Trägerrakete (Small Launch Vehicle - SLV) vor, die bis 2010 einsatzfähig sein soll. Das SLV eine Last von einer halben Tonne befördern und vom US-Territorium aus auch mobile Ziele auf der ganzen Welt mit den mitgeführten Geschossen des Typs CAV (Common Aero Vehicle) innerhalb einer Stunde vom Startzeitpunkt aus treffen können. CAVs sind mit unterschiedlichen Sprengköpfen ausrüstbar und haben keinen eigenen Antrieb, sind aber steuerbar und sollen aus großer Höhe mit Überschallgeschwindigkeit auch gut gesicherte, unter dem Erdboden liegende Ziele zerstören. In Verbindung mit Sensoren und Zielerkennungs- und -verfolgungssystemen sollen sie präzise mobile Ziele treffen. Erwünscht sind zunächst CAVs, die 5.500 Kilometer in 800 Sekunden zurücklegen können, die nächste Stufen sollen dann solche sein, die 16,600 Kilometer in 3000 Sekunden schaffen.
Die SLVs sollen als weitere Aufgabe, die bei der Verlagerung der militärischen Kapazitäten in den Weltraum immer wichtiger wird (Das Pentagon strebt absolute militärische Dominanz im Weltraum an), auch billig Satelliten mit einem Gewicht bis zu einer Tonne in eine mit der Sonne synchrone Umlaufbahn in einer Höhe von 450 Kilometer bringen können. Pro Kilogramm sollen die Startkosten unter 10.000 Dollar liegen. Pro Start dürfen nach Vorstellung der Darpa die Kosten 5 Millionen Dollar nicht überschreiten.