Globale Energiewirtschaft: Ab jetzt wird weniger Kohle verbrannt

Kohlekraftwerk Neurath, NRW. Auch hier dampft es bald weniger. Bild: Craebby Crabbson, CC BY-NC 2.0 DEED

Thinktank hat herausgefunden: Nutzung fossiler Brennstoffe geht zurück. Das liegt aber nicht nur an den Industriestaaten. Hier die Erkenntnisse der Studie.

Die Verbrennung von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen zur Energiegewinnung wird weltweit bald ihren Höhepunkt überschreiten. Das geht aus einer Studie hervor, die der auf Energiefragen und Energiewende spezialisierte internationale Thinktank Ember kürzlich veröffentlicht hat. Was aber bedeutet das und an wessen Politik liegt es?

Laut Ember haben mindestens 107 der 205 untersuchten Volkswirtschaften den Höhepunkt der Nutzung fossiler Energieträger in ihren Kraftwerken bereits vor fünf oder mehr Jahren erreicht. Seitdem hätten die meisten ihren Strombedarf zunehmend mit erneuerbaren Energien gedeckt.

Einige wenige Länder hätten zudem den Einsatz fossiler Energieträger trotz steigenden Strombedarfs konstant halten können. Dort konnte das Wachstum durch erneuerbare Energien gedeckt werden.

Hierzulande liegt der Höhepunkt der Kohlenutzung mindestens 20 Jahre zurück, der des Erdgaseinsatzes in Kraftwerken nur drei Jahre, wie Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zeigen.

Im Vergleich zu 2003 lieferten die deutschen Braun- und Steinkohlekraftwerke im vergangenen Jahr fast 40 Prozent weniger Strom. Der Rückgang fand vor allem in den letzten zehn Jahren statt. Auch in diesem Jahr ist die Stromproduktion der heimischen Kohlekraftwerke deutlich zurückgegangen.

Von Mai bis September lag ihre monatliche Stromerzeugung jeweils um knapp 40 bis 46 Prozent unter den entsprechenden Werten der Vorjahresmonate. Die Angaben beziehen sich auf das öffentliche Netz. Bezieht man die Erzeugung für den Eigenbedarf mit ein, ergibt sich ein ähnliches Bild.

All dies bedeutet zwar noch keinen Rückgang der globalen Emissionen des Kraftwerkssektors, aber zumindest eine deutliche Verlangsamung des Wachstums. Zwischen 2011 und 2021 stiegen sie jährlich um 1,6 Prozent, 2022 noch um 1,2 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 nach Ember-Angaben nur noch um 0,2 Prozent.

Damit scheinen die Emissionen ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Um das Klima zu stabilisieren, müssten sie aber in den nächsten rund 20 Jahren rasch auf null sinken.

Auch viele Entwicklungsländer schränken die Verbrennung von Kohle ein. In Indien wurden kürzlich alle Kohlepläne für fünf Jahre ausgesetzt. Dies dürfte unter anderem auf öffentliche Proteste zurückzuführen sein.

Pläne für neue Kohlekraftwerke stoßen in Indien häufig auf den Widerstand der lokalen Bevölkerung, ähnlich wie noch in den Nullerjahren unter anderem in Deutschland und den USA, wo Dutzende neuer Kohlekraftwerke verhindert werden konnten.

Energiewende: Deutschland und Vietnam

Hierzulande musste sich dieser Widerstand zum Teil auch gegen grüne Kommunalpolitiker durchsetzen. Selbst in Vietnam, das noch in jüngster Vergangenheit ganz auf Kohle setzte, um die Industrialisierung des Landes voranzutreiben, geht der Einsatz inzwischen zurück, Nepal ist ganz ausgestiegen.

Nur in Bangladesch, das in den letzten Jahren ein erfreulich starkes Wirtschaftswachstum verzeichnete, gehen in diesem Jahr gleich 13 neue Kraftwerke ans Netz, wie das Center for Sustainable Carbon schreibt.

Doch die Brennstoffversorgung scheint alles andere als gesichert. Wie die New York Times berichtete, stand das erst im Dezember in Betrieb genommene Kraftwerk Maitree den ganzen Januar und im April noch einmal drei Wochen still, weil es nicht genug Kohle hatte.

Diese muss aus Indonesien importiert werden, doch der bangladeschische Taka hat deutlich an Wert verloren, während der Weltmarktpreis für Kohle – obwohl längst von seinem schwindelerregenden Allzeithoch aus dem Jahr 2022 zurückgekommen – immer noch rund dreimal so hoch ist wie im vergangenen Jahrzehnt.

Das neue Kraftwerk steht in Rampal in unmittelbarer Nähe der Sundarbans, des größten Mangrovenwaldes der Welt, der zum Unesco-Weltkulturerbe gehört und zahlreiche bedrohte Arten beherbergt. Umweltschützer in Bangladesch, die lange vergeblich gegen das Kraftwerk gekämpft hatten, sind deshalb froh über jeden Tag Stillstand, beklagen aber gleichzeitig die Verschwendung öffentlicher Gelder.

So wie dem Kraftwerk in Maitree könnte es in den nächsten Jahren vielen ähnlichen Investitionen ergehen. Denn die Preise für Solaranlagen sinken weiter und machen Solarstrom in immer mehr Ländern zu einer günstigeren Konkurrenz für Kohle, zumindest dort, wo Solarstrom nicht durch Importzölle auf chinesische Produkte verteuert wird, wie in der EU geplant oder in den USA bereits geschehen.

China baut derweil weiter Kohlekraftwerke, die allerdings chronisch unterausgelastet sind. Im Durchschnitt – so zeigen chinesische Statistiken – standen sie in den letzten Jahren mehr als die Hälfte der Zeit still. Wie übrigens auch viele der hiesigen Anlagen.

Die Auslastung könnte schon bald noch schlechter werden, denn Chinas Präsident Xi Jinping hat vergangenen Sommer versprochen, dass China ab 2026 die Kohlenutzung herunterfahren wird. In der Vergangenheit hat China entsprechende Zusagen stets eingehalten und seine Ausbauziele für Solar- und Windenergie meist vorzeitig erreicht.

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