Glyphosat und Bundestagswahl
Seite 2: Wahlen beim Wackelkandidaten Deutschland
Einen anderen Grund für die Verschiebung sehen Beobachter in der bevorstehenden Wahl zum Deutschen Bundestag. Denn in der aktuellen Regierung herrscht Uneinigkeit in der Glyphosat-Frage.
Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte im Vorfeld klar gemacht, dass die SPD-geführten Ministerien mit einem Nein stimmen würden. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hingegen steht hinter einer Wiederzulassung. Auch Angela Merkel hat den Landwirten versprochen, sich dafür einzusetzen. Hermann Färber (CDU), Mitglied in den Bundestagsausschüssen Ernährung und Landwirtschaft, hatte gegenüber Politico erklärt, dass den Äußerungen der SPD keine wissenschaftliche oder technische Erklärung zugrunde läge, sondern reines politisches Kalkül.
Und zumindest laut Agrar-O-Mat soll nach dem Willen der SPD Glyphosat auch weiterhin als Pflanzenschutz-Wirkstoff in Ackerbausystemen erlaubt bleiben.
Die Linke und die Grünen wollen hingegen das Herbizid verbieten.
In den Wahlprogrammen von AfD und FDP zur Bundestagswahl finden sich keine Aussagen zu Glyphosat. Während erstere in Person von Beatrix von Storch zumindest suggestiv ein Verbot ins AfD-Programm twitterte, setzt letztere einer weitverbreiteten Symbol- und Verbotspolitik verallgemeinernd "Fortschrittsoptimismus durch Freiheit und Verantwortung" entgegen.
Die EU-Kommission ist sich unterdessen bewusst, dass die amtierende Große Koalition die politischen Kosten womöglich nicht stemmen könnte, sollte sie für eine Erneuerung der Glyphosat-Zulassung votieren.
Da Anfang Oktober die Regierungsbildung noch nicht abgeschlossen sein wird und wahrscheinlich die jetzige Bundesregierung noch geschäftsführend im Amt ist, wäre mit einer weiteren Enthaltung zu rechnen.
Ein drohendes Nein aus Frankreich sowie eine mögliche Enthaltung in Deutschland sieht die EU-Kommission mit Sorge. Das Zustandekommen einer tragfähigen Mehrheit für die Weiternutzung von Glyphosat in der Unkrautvernichtung in Europa würde dann schwierig. Im Falle eines Scheiterns der Wiederzulassung befürchtet die Kommission eine millionenschwere Klage seitens der Industrie.
EU-Kommissar Andriukaitis selber befürwortet die erneute Zulassung. Er hatte im Vorfeld der Abstimmung angemahnt, dass politische Meinungen nicht gewichtiger sein sollten als ein breiter wissenschaftlicher Konsens.