Griechenland: Warum die linke Regierung nicht erfolgreich sein darf

Seite 2: Die Rolle des IWF und das Stillschweigen der Europäer

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Ich darf noch einmal deutlich machen, dass das Expertenkomitee einvernehmlich zusammengesetzt wurde und seine Empfehlungen die Grundlage der Verhandlungen sein sollten. Dennoch ignoriert der IWF sie provokativ, und die Europäer sind auffallend wortkarg.

Der IWF macht auf "harte Linie" und nennt als Bedingung für seine Beteiligung am Kredit erstens die Erweiterung des Einfrierens der Kollektivverhandlungen bis zum Ende des Programms (Ende 2018) und zweitens die gesetzliche Festlegung der Erhöhung der Massenentlassungen von derzeit 5% auf 10% und des Lockouts (Aussperrung).

Die Haltung des IWF hat somit absolut keinen Bezug zu wirtschaftlichen oder fiskalischen Überlegungen. Es ist eine rein politische, eine ideologische Haltung. Sein Ziel ist es, die Arbeitswelt in Griechenland nicht dem europäischen Niveau anzupassen, sondern umgekehrt: Die griechische Praxis soll zum europäischen Modell gemacht werden.

Bezeichnend dafür ist die Aussage der griechischen Arbeitsministerin Effi Achtsioglou, die unter anderem die Verhandlungen mit den Kreditgebern führt. Bei ihrem Referat am 16. März auf einer Tagung der IG Metall in Frankfurt sagte sie: "Laut Frau Velculesku - Vertreterin des IWF bei der Quadriga - sollen nicht, wie vereinbart, die guten Praktiken Europas in Griechenland eingeführt, sondern Griechenland soll, was die Arbeitsrechte betrifft, das Vorbild für das gesamte Europa werden."

Das Stillschweigen der Europäer macht diese Aussage noch interessanter. Sie offenbart die neoliberalen Pläne für Gesamteuropa und bestätigt noch einmal, dass in Griechenland ein Exempel statuiert wird, das allgemeine Geltung finden soll.

Kürzungspolitik soll Normalität werden

Bei der fiskalischen Diskussion wird die klassenorientierte Politik der Kreditgeber noch deutlicher. Lassen wir hier den dauerhaften Streit zwischen dem IWF und den Europäischen Institutionen beiseite - es bedarf eines eigenen Artikels, um ihn und seine Bedeutung zu erläutern - und kommen wir gleich zur Sache, ohne viele verwirrende Zahlen zu nennen.

Ende 2018 läuft das dritte Programm (Kredit) aus. Wenn die zweite Evaluierung erfolgreich abgeschlossen wird, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis Griechenland aus den Austeritätsprogrammen aussteigt und allmählich seine Souveränität zurückgewinnt. Gerade das darf nicht passieren.

Deswegen haben die Kreditgeber nun als erstes verlangt, dass die SYRIZA- Regierung Präventivmaßnahmen für die Zeit nach dem Ende des Programms beschließt. Doch warum verlangen sie das? Eben um diese zuvor erwähnte Treuhandschaft zu verewigen. Damit das Land und seine Menschen nie wieder frei werden, damit die linke Regierung keine Erfolge verzeichnen kann.

Nachdem die griechische Regierung diese Pläne jedoch entschieden zurückgewiesen hat, ist jetzt gerade eine neue Erpressung im Gange.

Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer

Nachdem auf politischer Ebene vereinbart wurde, dass die Sparmaßnahmen von 2% des BIP für 2018 mit Erleichterungen in gleichem Umfang, also wiederum 2% des BIP, ausgeglichen würden, hat nun der Streit darüber begonnen, was diese "guten" und "schlechten" Maßnahmen genau sind.

Ein einziges konkretes Beispiel reicht aus, um zu verstehen, wie klassenorientiert die Politik von IWF und Wolfgang Schäuble ist. Der IWF schlägt vor, 1% des BIP durch die Herabsetzung des Steuerfreibetrags von derzeit ca. 8.600 € jährlich auf ca. 5.500 €, zu gewinnen. Das würde wiederum den ärmeren Teil der griechischen Bevölkerung treffen, jene Bevölkerungsgruppe, die am meisten für diese Kürzungspolitik aufgekommen ist.

Die SYRIZA-Regierung, treu an ihrem Ziel festhaltend, die unteren Einkommensklassen zu schützen, schlägt als Gegenvorschlag genau 1% Erleichterungen in Form von beispielsweise der Herabsetzung der MwSt. auf Lebensmittel, Energie und Medikamente vor. Aber nein, das darf nicht passieren.

Der IWF verlangt als Gegenleistung die Herabsetzung der Unternehmenssteuer und des höchsten Steuersatzes. Also, noch einmal eine Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Die Verluste liegen bei den Armen, die Gewinne bei den Reichen. Das war und bleibt das Hauptziel der Memoranden und der neoliberalen Kürzungspolitik.

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