Grüner Wasserstoff aus Mallorca – kann das gelingen?

Spanien baut Wasserstoffwirtschaft aus.

Spanien will den europäischen Bedarf an grünem Wasserstoff zum großen Teil decken. Die Probleme könnten größer sein als gedacht.

(Bild: Roman, Pixabay)

Spanien hat ehrgeizige Wasserstoffpläne: Zehn Prozent des Bedarfs in der EU will es decken. Auf Mallorca wurde dafür Pilotanlage errichtet. Weshalb Zweifel am Projekt bestehen.

Die Klimakatastrophe hat aus Spanien schon im April einen Glutofen gemacht. Temperaturen stiegen auf neue Rekordwerte von fast 40 Grad Celsius. Stauseen sind leer, Bauern dürfen ihre Felder nicht bewässern, um die Trinkwasserversorgung zu sichern.

Mit der anhaltenden Dürre wird ein neues Problemfeld für die Wasserstoff-Strategie deutlich. Es fehlt das notwendige Wasser zur Produktion. Ein Projekt auf der Ferieninsel Mallorca macht das deutlich.

Der spanische Acciona-Konzern hat mit EU-Förderung im Umfang von zehn Millionen Euro, dazu kommen vier Millionen der Regionalregierung, gemäß der "Hydrogen Roadmap" der Zentralregierung eine Wasserstoff-Pilotanlage errichtet. Sie wurde im März eingeweiht und soll nun 300 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Auf der Insel fahren sogar schon fünf Wasserstoff-Busse, die jeweils etwa 35 Kilogramm davon am Tag verbrauchen.

Der für die Elektrolyse benötigte Strom kommt aus zwei Photovoltaikanlagen in Lloseta und der Stadt Petra, die ein Konsortium aus Acciona, dem Fernleitungsbetreiber Enagás und dem mexikanischen Zementhersteller CEMEX errichtet hat. In Lloseta können im Jahr bis zu 13.516 Megawattstunden (MWh) Solarstrom erzeugt werden. In Petra sind es noch einmal 10.819 MWh.

Wassermangel auf Mallorca

Ein Problem ist, dass auch auf Mallorca Wasserknappheit herrscht. Die Niederschlagsmengen sinken. Gleichzeitig verbrauchen Touristen überdurchschnittlich viel Wasser. Und jetzt kommt die Wasserstoff-Anlage hinzu, die für jedes Kilogramm Wasserstoff etwa 20 Liter Wasser verbraucht. Das sind insgesamt etwa sechs Millionen Liter Wasser im Jahr.

Lokale Umweltschützer erinnern laut tagesschau.de an die Folgen des Wassermangels. Im vergangenen Jahr musste der Wasserverbrauch eingeschränkt werden. Schwimmbäder hätten nicht mehr befüllt und Gärten nicht bewässert werden dürfen.

"In dieser Situation einen solchen Wasserverbraucher hinzuzubekommen – das ist sehr kurzsichtig", kritisierte demnach eine Vertreterin der Umweltschutzgruppe GOB. Ziel müsse es vielmehr sein, Energie zu sparen, statt zu ersetzen.

Statt Süßwasser könnte man auf Salzwasser zurückgreifen. Doch für die Elektrolyse müsste das erst aufwendig entsalzt werden, was sehr energieaufwändig ist. Zwischen 20 und 30 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Kubikmeter Salzwasser werden bei der thermischen Entsalzung benötigt.

Energieeffizienz bei Wasserstoffbussen

Deutlich weniger Energie benötigt das Verfahren der Umkehrosmose, das heute in 80 Prozent der weltweiten Entsalzungsanlagen eingesetzt wird. Der Energiebedarf liegt hier bei 3,5 bis 4,5 kWh pro Kubikmeter Salzwasser.

Zusätzlicher Energiebedarf entsteht bei der Elektrolyse des entsalzten Wassers, was wiederum vom Wirkungsgrad der eingesetzten Verfahren abhängt. Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) erklärt dazu:

Grüner Wasserstoff wird in der Regel durch Elektrolyse hergestellt (…). Dabei gehen etwa 30 Prozent der eingesetzten Energie mit den heute eingesetzten Niedertemperatur- Elektrolyseverfahren für die Nutzung verloren. Effizienter ist die Hochtemperatur-Elektrolyse. (…) Damit kann man einen Wirkungsgrad bis zu 90 Prozent erreichen.

Werde der erzeugte Wasserstoff dann wieder zur Verstromung genutzt, erreiche man einen Wirkungsgrad entlang der gesamten Kette von etwa 40 bis 50 Prozent. Werde er in Brennstoffzellen in Autos, Lkws oder Bussen verwendet, belaufe sich der Wirkungsgrad sogar nur auf rund 35 bis 40 Prozent.

Export von Wasserstoff schmälert Gesamtwirkungsgrad

Die Energieausbeute wird noch schlechter, wird der Wasserstoff nach Nordeuropa geleitet. Pipelines gibt es nicht, Erdgas-Pipelines sind nicht nutzbar. Ein Pilotprojekt soll mit H2Med unter dem Mittelmeer von Barcelona ins französische Marseille für geplante 2,5 Milliarden Euro gebaut werden. Anforderungen an die Dichtheit wegen des sehr flüchtigen Gases sind enorm.

Da Wasserstoff nur etwa ein Drittel der Energie von Erdgas enthält, wird der Transport ineffizient. Der Energieaufwand für die Pumpen ist viermal so hoch wie bei Erdgas. Durch das gleiche Rohr kann pro Stunde nur ein Drittel der Energie fließen, wie mit Erdgas transportiert werden kann. Riesige neue Leitungsnetze müssten zudem gebaut werden, um Wasserstoff an die Tankstellen zu bringen. Investitionen dafür wären exorbitant, der Wirkungsgrad wäre dagegen nach langem Transport sehr gering.

Ein weiteres großes Problem aber ist, dass es keinen überschüssigen Strom aus Erneuerbaren gibt. Um Strom aus Wasserstoff zu erzeugen, benötige man "mindestens doppelt so viele Windräder oder Solarparks", erklärte Wietschel und wies auf ein Akzeptanz-Problem hin.

Die Pläne zum Wasserstoffexport der spanischen Regierung werden dadurch erschwert, dass der Widerstand gegen neue Wind- und Solaranlagen stärker wird. Neue Großprojekte werden als "koloniale Projekte" abgelehnt. Es profitierten davon primär "reiche Länder, die zu viel Strom verbrauchen", erklärte etwa die Umweltschutzorganisation Aliente.

Redaktioneller Hinweis: In einer früheren Version des Artikels stand, Wasserstoff enthalte nur etwa ein Achtel der Energie von Erdgas. Das war falsch. Richtig ist: Der Heizwert von Wasserstoff liegt zwischen drei und 3,54 Kilowattstunden pro Kubikmetern (kWh pro m3). Der von Erdgas liegt zwischen 8,8 und 10,4 kWh pro m3.

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