Gute Zeiten für Wehrwillige
Seite 2: Aussetzung der Wehrpflicht: Keine Amateure für Auslandseinsätze
- Gute Zeiten für Wehrwillige
- Aussetzung der Wehrpflicht: Keine Amateure für Auslandseinsätze
- Dienstpflicht statt Wehrpflicht: Deutschland braucht nicht nur mehr Soldaten
- Klarstellung der Wehrbeauftragten: Wehrdienst ist Kriegsdienst
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Bis zum Ukraine-Krieg hat das allerdings keine großen politischen Wellen erzeugt. Das Unbehagen bei einschlägigen Militarexperten über zu wenig Nachwuchs blieb zwar. Jedoch wurde daraus kein Politikum. Es galt bis vor kurzem als ausgemacht, was zur Aussetzung der Wehrpflicht 2011 führte:
Wir brauchen nicht mehr die schnelle Präsenzarmee wie noch zu Zeiten des Kalten Krieges an den Grenzen, sondern wir sind heute Teil eines Bündnisses mit Einsatzgebieten außerhalb unserer Landesgrenzen.
Henning Otte, CDU
Damit vollzog der Bundestag eine Entwicklung seit Beginn der 1990er-Jahre nach – die Bundeswehr beteiligte sich an zahlreichen Auslands-Missionen, im UN-Auftrag oder mit der Nato. Der Kalte Krieg war mit der Auflösung von Sowjetunion und Warschauer Pakt für den Westen gewonnen worden. So gingen die USA daran, als verbliebene und nun konkurrenzlose Macht die Welt zu ordnen, sprich sie nach ihren politischen und wirtschaftlichen Interessen auch dort einzurichten, wo sie bis dato zu wenig oder gar keinen Einfluss besessen hatten.
Mit Deutschland im Schlepptau. Die hiesige Außenpolitik nennt das "Verantwortung übernehmen", noch dazu, weil es von Deutschland erwartet würde. Diese Erwartung haben zwar vornehmlich die deutschen Herrschaften an sich selbst. Als vorgestellter Antrag der ganzen Welt klingt das aber natürlich besser und unwidersprechlich.
Die neue Verantwortung manifestierte sich in der Entsendung des nationalen Gewaltmittels, der Bundeswehr, überall dorthin, wo Konflikte geregelt werden mussten. Dies ebenfalls eine bewusst verharmlosende Beschreibung für Einmischung und Disziplinierung unbotmäßiger oder in die aktuelle westliche Kalkulation nicht passender eigenmächtiger Staaten – beispielsweise im Kosovo oder in Afghanistan (siehe alle Auslandseinsätze der Bundeswehr)
Für diese Jobs war die Bundeswehr zunächst wenig geeignet. Eine Reform musste her. Die bisherige Landstreitmacht, die einen Krieg in Europa bestehen sollte, wurde zu einer schnellen Präsenzarmee für Einsätze überall auf dem Globus.
Man baute also um – weniger Soldaten, dafür aber professioneller, flexibler und mit entsprechend mobilem Gewaltgerät ausgestattet. Also war es nicht mehr sinnvoll, den Bundeswehr-Profis einen Haufen Amateure als potenzielles Kanonenfutter an die Seite zu stellen.
Man vollzog damit einen Schritt nach, den fast alle Nato-Partner, allen voran die USA und Großbritannien, schon längst getan hatten: eine Streitmacht nur noch mit Berufsoldaten zu unterhalten. Angesichts der immer anspruchsvolleren Kriegstechnik und der damit verbundenen nötigen Fachkompetenz und entsprechend längeren Ausbildung sehr sachgerecht.
Der Sinn der Wehrpflicht: ein stets kampfbereites Volk
Und doch wird die Wehrpflicht nun wieder in Deutschland diskutiert. Sie ist schließlich nur ausgesetzt. Der Artikel 12a des Grundgesetzes gilt weiterhin:
Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.
Der Staat behält sich damit grundsätzlich vor, seine Bürger zum Dienst zu zwingen. In Friedenszeiten, um für den sogenannten "Spannungsfall" gerüstet zu sein. Wenn gegen eine andere Nation ein Krieg unmittelbar bevorsteht, sind dann genügend Bürger ausgebildet und kampfbereit. In der Mobilmachung werden sie anschließend zu den Waffen gerufen.
Da will sich kein Staat der Welt von individuellen Kalkulationen seiner Untertanen abhängig machen. Zum Beispiel dass Mütter ihre Söhne im Keller verstecken, weil sie ihren Tod an der Front befürchten. Oder dass die Söhne selbst es für die bessere Idee halten, das Weite zu suchen, als auf Befehl fremde Menschen zu töten.
Sehr konsequent daher die Zwangsrekrutierung in der Ukraine: Alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind verpflichtet, sich in Rekrutierungsbüros zu melden. Kriegsdienstverweigerung ist strafbar, eine Ausreise verboten.
Mit zunehmender Dauer des Krieges wird die Daumenschraube noch härter angezogen. Die Verluste müssen kompensiert werden. Wenn das nicht auf dem normalem Wege funktioniert, dann eben auch mit unsauberen Methoden.
Das angreifende Russland ist da ebenfalls nicht zimperlich, um genügend Mannstärke herzustellen. Immerhin können noch Kriegsunwillige ausreisen. Was aber in den hiesigen Leitmedien auch wieder gegen Moskau spricht.