Gutes China - böses China?
Seite 2: Chinas Osteuropa
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Worauf Merkel hier anspielte, ist die sogenannte 16+1-Initiative. 16 südosteuropäische Länder treffen sich seit 2012 in diesem Rahmen jährlich mit China. Dabei sind alle Länder, die zwischen Deutschland, Österreich, Griechenland und Russland liegen, mit Ausnahme von Kosovo und Moldawien. Die 16+1-Initiative soll politisch den Weg für die neue Seidenstraße ebnen. Die EU betrachtet diese chinesischen Aktivitäten in Osteuropa mit Argusaugen. Von "Chinas Investition in Einfluss" spricht das "European Council on Foreign Relations", eine Denkfabrik, die die europäische "strategische Community" zu organisieren versucht.
Die europäischen Strategen beunruhigt dreierlei. Erstens machen sie einen Wettlauf der osteuropäischen Länder um Investitionen aus China aus. Zweitens seien einige Teilnehmer-Länder auch EU-Mitglieder, was zu einem Ungleichgewicht zwischen den EU-Institutionen und anderen Mitgliedsstaaten führe. Konkret wird befürchtet, dass Peking nach dem Motto "Teile und herrsche" die EU auseinanderdividiert. Drittens fühlten sich jetzt einige osteuropäische Länder den anderen überlegen, weil sie - wie Serbien - einen höheren Stellenwert für Peking haben.
Rücksichtnahme auf Peking?
Ungewöhnlich deutlich wurde kürzlich der deutsche Botschafter in China, Michael Clauss. "Berlin unruhig wegen Pekings wachsendem Einfluss in Südosteuropa", fasste die South China Morning Post nach einem Gespräch mit dem Botschafter die Lage zusammen. Die neue Seidenstraße brauche "echte Miteigentümerschaft aller Beteiligten", um erfolgreich zu sein, forderte er.
Als Beweis für Pekings wachsenden Einfluss gilt folgende Episode, die die Süddeutsche Zeitung wiedergibt: Nachdem der Internationale Gerichtshof in Den Haag die chinesischen Territorialansprüche im Südchinesischen Meer zugunsten der Philippinen für nichtig erklärt hatte, wollte die EU eine Erklärung herausgeben, wonach sich China an internationales Recht halten sollte. Daraus wurde nichts, denn Ungarn und Griechenland verwässerten den Text. Die Süddeutsche Zeitung zitiert einen nicht namentlich genannten europäischen Diplomaten mit der bemerkenswerten Aussage, dass China bei den Themen wie Menschenrechten und Sicherheitspolitik wegen "Staaten wie Ungarn" in Brüssel "praktisch mit am Tisch" sitze.
Trump bringt China und EU zusammen
All das heißt aber noch lange nicht, dass die EU und China heillos zerstritten wären. Im Gegenteil: Seit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident stellen viele Europäer verwundert fest, dass sie in Davos den chinesischen Präsidenten Xi Jinping feierten, weil der sich anders als Trump für Freihandel, internationale Kooperation und gegen Protektionismus ausgesprochen hat und so ganz anders klang als der neue Mann im Weißen Haus: "Jeder Versuch, Ströme abzubrechen oder zu blockieren und sie vom Ozean abzuschneiden und in kleine Bäche oder Seen zurückzuführen, wird nicht funktionieren".
Peking hat die Gunst der Stunde wohl erkannt, die Trump ihnen bietet. "Europäische Diplomaten berichten derweil von einer Charmeoffensive, mit der Peking sie seit Trumps Amtsantritt überziehe", berichtet die Süddeutsche Zeitung aus Peking.