Habecks wunder Punkt: Warum der LNG-Gipfel im Wahlkampf der Grünen stört

Archivbild zeigt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Geriet wegen LNG-Terminals unter Rechtfertigungsdruck: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Archivbild: penofoto / Shutterstock.com

Reizthema Flüssigerdgas: Grüner Staatssekretär trifft Gaslobby in Berliner Luxushotel. Das sorgt für Kritik bei Teilen der eigenen Zielgruppe.

Das Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne) wird beim "World LNG Summit" im Berliner Luxushotel Adlon Kempinski durch Staatssekretär Stefan Wenzel vertreten.

Bis einschließlich Donnerstag wollen sich dort Konzernvertreter von RWE, Shell, BP und Co. mit der Politik vernetzen – und laut Veranstaltungsmotto ein "Gleichgewicht zwischen Energiesicherheit und Dekarbonisierung" herstellen. 90 Prozent der rund 750 Teilnehmer sollen Führungspositionen innehaben.

Für Grünen-Politiker ist dies im Wahlkampf ein heikler Termin, denn Flüssigerdgas, kurz LNG, ist zu einem der Synonyme für die Entfremdung der Grünen von der Ökologiebewegung und ihrer ursprünglichen Basis geworden.

Für das LNG-Beschleunigungsgesetz und die LNG-Terminals in Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Stade und Lubmin sowie auf Rügen musste sich Habeck auch öffentlich Kritik von Parteifreundin Luisa Neubauer gefallen lassen, die als Mitglied der Grünen zugleich das bekannteste Gesicht der deutschen Sektion von Fridays for Future geworden war.

Kritik: LNG-Terminals als falsche Reaktion auf die Gaskrise

"Nur weil die Richtigen regieren, wird nicht gleich richtig regiert", schrieb die prominente Klima-Aktivistin im Juni 2022 in einem Gastbeitrag für die Zeit.

Anlass war ihre Enttäuschung darüber, dass die Ampel-Regierung den Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen nicht nutzte, um schnellstmöglich von allen fossilen Energieträgern loszukommen und konsequent auf erneuerbare zu setzen, sondern Habeck neue problematische Gaslieferanten suchen und LNG-Terminals planen ließ.

Dass neben den USA ausgerechnet das Golfemirat Katar Deutschland langfristig mit Flüssigerdgas beliefern soll, stieß auch bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International auf Unverständnis. Zudem erwies sich die Route für die Lieferungen als unsicher.

Klagen gegen LNG-Terminals und ziviler Ungehorsam

2023 klagte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Betriebsgenehmigung für das Terminal in Lubmin. Bei der EU-Kommission reichte die DUH 2024 Beschwerde gegen die staatliche Beihilfe für das LNG-Terminal in Brunsbüttel ein. Weitere Klagen wurden angekündigt.

Doch damit nicht genug: Gegen den LNG-Gipfel im Adlon Kempinski sind Proteste der Klimabewegung und Aktionen des zivilen Ungehorsams geplant – unter anderem von der Initiative Ende Gelände, die unter dem Motto "Frack off – Gaslobby stoppen" zur Blockade des LNG-Gipfels aufruft.

Hintergrund des Wortspiels ist die als besonders umweltschädlich kritisierte Fracking-Technologie. Dabei wird Wasser, versetzt mit Chemikalien, unter Hochdruck in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um Erdgas oder Erdöl aus sonst nicht zugänglichen Hohlräumen zu gewinnen.

Frack, frack, frack: Energiepartnerschaft mit Trump

LNG hat zwar eine bessere Klimabilanz als Braunkohle, ist aber keineswegs klimaneutral und wird teilweise durch Fracking gefördert – vor allem in den USA, was unter der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump nach dessen Worten "We will frack, frack, frack" weiter zunehmen soll.

Zu einer für Dienstag geplanten Demonstration gegen den LNG-Gipfel ruft auch Fridays for Future Berlin auf.

Team Habeck vs. unabhängige Klimabewegung

Sowohl die Veranstaltung im Adlon als auch die Proteste kommen für Habeck und Co. im beginnenden Wahlkampf nach dem Ampel-Koalitionsbruch zur Unzeit.

In den letzten Wochen und Monaten sind sie inhaltlich vor allem von rechts kritisiert worden – für ein angebliches "Zu viel" an Umwelt- und Klimaschutz in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Enttäuschungen der eigenen Zielgruppe und die Kritik am "Greenwashing" umweltschädlicher Technologien waren dabei in den Hintergrund geraten.

Etliche Unterstützer, die angeben, dass ihnen Umwelt und Klima wichtig sind, haben sich zuletzt in Online-Netzwerken als "Team Habeck" hinter den grünen Kanzlerkandidaten gestellt und ihn gegen Kritik von Atomkraft-Fans und "Klimaskeptikern" verteidigt. Der LNG-Gipfel spült nun wieder ganz andere Kritikpunkte nach oben.